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“Es ist eine Ehre für diese Stadt, diesen Verein
und die Bewohner Nürnbergs zu spielen.
Möge all dies immer bewahrt werden
und der großartige FC Nürnberg niemals untergehen.”
(Heiner Stuhlfauth)

Ludwig Wieder

Abbildung entnommen aus Club-Magazin 10/1995

geboren am 22. März 1900;

Wieder absolvierte von 1922 bis 1931 437 Spiele für den 1. FCN, mit dem er 1924, 1925 und 1927 die deutsche Meisterschaft errang. Er bestritt 6 Länderspiele, in denen ihm 2 Tore gelangen.

Für sein Engagement beim Club bekam er natürlich kein Geld, denn das Profitum existierte damals in Deutschland noch nicht. Allerdings eröffnete ihm der Club unter der Hand die Möglichkeit in den Tabakwarenhandel einzusteigen. Zusammen mit Luitpold Popp betrieb er am Weißen Turm, Ludwigstr. 32, ein Zigarrengeschäft.


4Abbildung entnommen aus Vereinszeitung des 1. FC Nürnberg, 5/192

Später war Wieder als Vertreter in der Autozubehörfirma Herzig in der Fürther Str. 42 tätig.


Abbildung entnommen aus Vereinszeitung des 1. FC Nürnberg, 9/1927

Abbildung entnommen aus Bausenwein u.a.: Die Legende vom Club
1925 wird der Club durch ein 1:0 gegen den FSV Frankfurt deutscher Meister.
Hier bejubelt Wieder sein entscheidendes Tor.

Der in Stein wohnende Mittelstürmer, der es wegen seiner etwas linkischen Art nie zum Publikumsliebling brachte, war ein eher bedächtiger Spieler. Die am Anfang seiner Karriere beim Club in ihn gesetzten Erwartungen waren allerdings sehr hoch gewesen - besonders aufgrund der Tatsache, dass sein Vorgänger Böß in keiner Weise Durchschlagskraft oder besondere Torgefährlichkeit entwickeln konnte. Die Vereinszeitung schrieb im März 1922 über Wieder: “Vorläufig halten sich der alte und der junge Mittelstürmer die Waage. Erst wenn der junge die nötige Schnelligkeit erreicht hat, wird er vielleicht den alten überragen. Wann er diese Schnelligkeit erreichen wird, ist eine offene Frage. Dass er sie nicht in drei Monaten erlangt, war vorauszusehen, dass er sie noch bekommt, ist bei seinen sonstigen körperlichen Eigenschaften zu erwarten.” Im November desselben Jahres schrieb Hans Hofmann folgendes in der Vereinszeitung: “Wieder ist als Innenstürmer besser wie als Außenstürmer, als Mittelstürmer hat er sich in dem bedeutungsvollen Treffen gegen Sparta in Prag seine Sporen glänzend verdient. Als junger Spieler ist er Rückschlägen unterworfen, er gehört zu jenen, die durch äußere Einflüsse mutlos werden, aber wir hoffen, dass wir ihn nach einiger Zeit in die Klasse der Vernünftigen einreihen können.”

Nach der Saison 1923 wurde der erfolgreichste Stürmer des FCN sogar vorübergehend aussortiert, um die Mannschaft, die immer erfolgloser spielte, zu reformieren. Ein anonymer Autor schrieb im März 1924 fälschlicherweise, dass “der Ludwig sich nicht mehr getraut”. Getraut hätte er sich schon, nur gedurft hat er eine Zeitlang nicht.

Im Meisterschaftsendspiel 1925 gegen den FSV Frankfurt gelang Wieder in der Verlängerung der entscheidende Treffer zum 1:0. Hans Hofmann schrieb in der Vereinszeitung: “Der Schuss Wieders war ein denkwürdiger, er war so gut, so geschmalzen, dass man es verstehen kann, wenn der Spielführer Riegel den Torschützen von der Pflicht, in ferneren Spielen Tore zu schießen, auf ein Jahr entband, was Wieder wahrscheinlich auch redlich erfüllen wird.”

Im September 1925 urteilte die Vereinszeitung nach einem Spiel gegen Bayreuth: “Wieders Fußballkunst in Ehren, aber für einen Mittelläufer spielt er doch zu weich. Da ist des Winters Schorsch kräftige Gestalt besser am Platze.”

Im November desselben Jahres berichtete man an gleicher Stelle über ein Spiel gegen den Ortsrivalen ASN Nürnberg und schilderte folgende Begebenheit: “Das ganze Spiel hätte man als ein schönes bezeichnen können, wenn es nicht der Schiedsrichter ‘versaut’ hätte. Wir stellen dies fest, als er beispielsweise in einigen Fällen Strafstöße gegen uns erteilte, lediglich deshalb, weil sich ein paarmal Wieder vor dem ballbesitzenden Torwächter Wenz so postierte, dass dieser den Ball nicht bequem abspielen konnte. In seiner Störungsarbeit gebrauchte Wieder weder die Hände noch die Füße, auch nicht die Brust oder den Bauch oder einen entlegeneren Körperteil, sondern er stellte sich einfach dem Tormann in den Weg. Und deshalb lediglich erteilte der Mann der Pfeife Strafstoß. Das heißt man die deutschen Torwächterschutzmaßregeln doch auf den Kopf stellen!”

Im Februar 1926 hatte Hans Hofmann in der Vereinszeitung eine Idee, wie Wieder in Zukunft verwendet werden könnte: “Möglicherweise gibt er an Stelle Riegels einen ebenso famosen Läufer ab. Wenn man ihm einen Schuss von Köpplingers Energie beibringen könnte, wäre er vielleicht der richtige Mann.”

Im April 1926 berichtete die Vereinszeitung nach einem Gastspiel des 1. FCN beim SK Kassel 03: “Wieder passierte das kaum glaubliche Missgeschick, keinen andern als sich selbst umzuschießen.Der Fall dürfte in der Fußballgeschichte einzig dastehen, dass ein Stürmer so scharf gegen den Pfosten zu schießen vermag, dass der zurückspringende Ball den Schützen umlegt. Boshafte Zungen behaupteten nachträglich, dass unser Wieder, seit er verheiratet ist, nicht mehr so standfest sei.”

Im Mai desselben Jahres schrieb die Vereinszeitung: “Die heurige Spielsaison hat erwiesen, dass unser Mittelläufer sich zum Schwergewicht ‘auswuchs’, was sein Laufvermögen und seine Ausdauer beeinflusst. Der Spielausschuss entschloss sich zum Austausch Kalbs gegen Wieder.” Kalb spielte also eine Zeitlang Mittelstürmer! In einem der nächsten Spielberichte hieß es: “Wieder spielt als Mittelläufer eine ansprechende und erfolgreiche Rolle.”

Im April 1927 war man dann schon klüger geworden. Da Kalb mehrfach wegen Verletzung fehlte, musste ihn Wieder immer wieder vertreten. Die Vereinszeitung kam zu folgender Erkenntnis: “Die Einsetzung Wieders als Mittelläufer für Kalb ist ein oft geübter Ausweg, aber erfahrungsgemäß leidet der Sturm durch das Fehlen Wieders bedenklich.”

Wieder konnte häufig mit hervorragendem Zuspiel glänzen, war aber nicht unbedingt ein Torjäger. Was ihn aber auszeichnete, war sein trockener Humor. Als Stuhlfauth im Derby des Jahres 1927 gegen die SpVgg Fürth den Ball aus dem Tor holte, meinte Wieder lakonisch: “No, Heiner, rechd houch gwinnermer heid nimmer!” Fürth hatte übrigens gerade das 5:0 erzielt.

Im Juli 1929 schreibt die Vereinszeitung nach einem Spiel bei Eintracht Frankfurt über eine schwere Erkrankung Wieders: “Die Stimmung auf der Heimfahrt war durchaus nicht trostlos. Dass unser Ludwig Wieder bereits von den Krallen der tückischen Krankheit gepackt war, konnten wir - wie er selbst - nicht ahnen. Am Montag schon war es Gewissheit. Ein grausames Geschick wirft ihn in einem Augenblick der besten sportlichen Vorbereitung und zu einem Zeitpunkt, in welchem er dem Club unersetzlich ist, aufs Krankenlager. Mit banger Sorge fürchten wir um sein Leben, so unerbittlich ergriff ihn die grausame Krankheit und drohte mit der Katastrophe.” Bald aber konnte an gleicher Stelle Entwarnung gegeben werden: “Über das Befinden unseres Ludwig Wieder können wir erfreulicherweise gute Nachrichten bringen. Seit einigen Tagen ist er fieberfrei, nur noch körperlich schwach, was in Anbetracht der sehr schweren Tage, die er nun wohl hinter sich hat, ohne weiteres zu verstehen ist. Es ist aber damit zu rechnen, dass er in etwa 14 Tagen aufstehen darf.” Im folgenden Monat meldete man: “Erfreulich, dass Wieder wieder gesund.” Im Anschluss absolvierte Wieder eine Genesungskur in Bad Oberdorf im Allgäu. Am 6. Oktober feierte er gegen die SpVgg Fürth sein Comeback. Im Dezember lobte ihn die Vereinszeitung: “Wieder ist ein umsichtiger Führer seiner Stürmer.”

Am Ende seiner Karriere bekam er deutlich die Ablehnung der Nürnberger Zuschauer zu spüren. Als im Januar 1931 gegen 1860 München wieder einmal der so oft unglücklich vor dem Tor scheiternde Wieder als Sturmführer aufgestellt war, vergaß das Publikum allen Anstand. Trainer Jenö Konrad berichtete davon: “Kaum hatte das liebe Publikum auf eigenem Platze die Aufstellung bemerkt, als es zu lachen anfing. Ein erhebendes Gefühl für einen Spieler, vom eigenen Publikum verhöhnt zu werden! Im Laufe des Spieles zeigte aber Wieder, dass die Zuschauer gar keine Ursache zum Lachen hatten, denn er zeigte sich an diesem Tage als recht gewandter Sturmführer. Wenn ein Spieler schon keine Unterstützung der Zuschauer auf eigenem Platze hat, wäre wenigstens zu erwarten, dass man auf ihn wegen seiner Verdienste Rücksicht nimmt. Denn ein Spieler ist ebenso Stimmungen und Launen unterworfen, wie jeder andere Mensch, auch besitzt er Nerven, die durch solche Vorfälle manchmal versagen. Wieder war schon so weit, dass er in Nürnberg nicht mehr antreten wollte. Er hat schon schwache Perioden gehabt - welcher Klassespieler nicht? - doch technisches und taktisches Können kann man nicht verlernen. Wieder ist ein famoser Fußballer, der über ein gutes Rüstzeug und eine Menge Feinheiten verfügt, bei dem nur oft die Dispositionsfrage entscheidend ist. Hätte er keine so stoische Ruhe, so hätte Wieder auf Grund des Empfanges befangen gespielt, so aber nahm er das Lachen nicht ernst und spielte hervorragend. Eine Bitte hätten wir an das Publikum: nicht im voraus misstrauisch sein und die eigenen Spieler verhöhnen. Wir haben nur sehr wenige Spieler von den Qualitäten Wieders.”

Im September 1931 meldete die Vereinszeitung: “Unser Ludwig Wieder hat uns am 1. Oktober verlassen und ist nach Duisburg übersiedelt, wo er das Training des dortigen Postsportvereins übernimmt und vielleicht auch selber noch einmal aktiv sein wird.” Und tatsächlich: Im Oktober 1932 spielte Wieder bei einem Gastspiel des FCN gegen seine alten Kameraden.

Nach dem Krieg schlug der gelernte Elektromechaniker Wieder die Sportlehrerlaufbahn ein und versuchte sich als Trainer in der DDR, wo er Turbine Erfurt und Rotation Babelsberg betreute.