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“Es ist eine Ehre für diese Stadt, diesen Verein
und die Bewohner Nürnbergs zu spielen.
Möge all dies immer bewahrt werden
und der großartige FC Nürnberg niemals untergehen.”
(Heiner Stuhlfauth)

Eduard “Edi” Schaffer

 

geboren am 13.12.1921;

Schaffer, der in einer Jugend Handballer gewesen war, spielte von 1947 bis 1958 228mal in der Oberligamannschaft des 1.FCN und bestritt insgesamt 413 Spiele im Clubtrikot.

Er kam aus Böhmen, wo er in seinem Geburtsort beim DSC Dux und beim DSC Karlsbad gespielt hatte, und war zu seiner Zeit der einzige „Zugereiste“ unter lauter Nürnbergern. Zwischen den Pfosten verkörperte er die Zuverlässigkeit in Person. Über seine Position urteilte er: „Ich hätte nie einen anderen Posten spielen mögen.“

Karl Stich, einer der großen Verteidiger aus der Anfangszeit des Nürnberger Fußballs, urteilte über Schaffer: “Mit ihm im Tor hätten wir zu unseren Zeiten jedes Jahr die Weltmeisterschaft gewonnen.”

Der Krieg schickte ihn auf viele Irrwege. Mit 19 wurde der sudetendeutsche Auswahlspieler nach Schwabach eingezogen. Kurz zuvor war er von Seppl Herberger zu einem Lehrgang eingeladen worden. Er sollte zwar vom Militärdienst befreit werden, wurde dann aber doch sechs Wochen lang zu einer Fronteinheit versetzt. Dann aber kam er doch zum Fußball-Lager der 17. Infanteriedivision Nürnberg, wo Uttla Uebelein als Unteroffizier sein unmittelbarer Vorgesetzter war. In dieser Zeit rekrutierte sich die berühmte Soldatenelf Burgstern Noris. Schaffer aber musste nach einiger Zeit am Russland-Feldzug teilnehmen. Danach wurde er beurlaubt und kehrte nach Nürnberg zurück, wo er Kontakt mit dem Club-Vorsitzenden Müller bekam. “Er sicherte mir damals zu, dass ich sofort nach Kriegsende nach Nürnberg kommen könne”, erzählte Schaffer später. Im Mai 1946 erhielt er seine Entlassungspapiere. Als künftigen Wohnort gab er ein Dorf im Aischgrund an, wo seine Eltern eine neue Heimat gefunden hatten. Kaum in Neustadt/Aisch angekommen, wurde er von Uttla Uebelein zu einem Auswärtsspiel des FCN in Stuttgart mitgenommen. Von nun an riss der Kontakt zum Club nie mehr ab.

Nach einigen Spielen in der Clubreserve landete er durch Uttla Uebeleins Vermittlung beim VfL Neustadt/Aisch. Eine Zeitlang spielte er dann beim VfB Neustadt bei Coburg, wohin ihn ein Sportoffizier holte, weil es mit der Arbeit in Nürnberg nicht gerade rosig aussah. Als Spieler des VfL wurde er auch in die Bayernauswahl berufen. Zu Saisonbeginn 1947/48 stieß der kaufmännische Angestellte und begeisterte Skiläufer endgültig zum Club. Schaffer erinnerte sich: “Es war nicht leicht für mich, ich war schließlich der einzige nichtgebürtige Nürnberger. Aber mein Herz schlug immer für den Club, erst recht, nachdem ich mit vielen von ihnen im Krieg zusammen war.”

Seine Chance erhielt er durch den Tod des Club-Torwarts Schorsch Lindner, der 1947 an TBC starb. Die Oberfranken gaben Schaffer für den in Personalnot geratenen FCN anstandslos wieder frei. Schaffer, der tagsüber bei den Siemens-Schuckert-Werken am Schreibtisch saß, setzte daraufhin die Tradition der hervorragenden Torhüter beim Club nahtlos fort. Kenner nannten seinen Namen in einem Atemzug mit Stuhlfauth. Von Anfang an überzeugte und begeisterte er mit prächtigen Reflexen und Paraden. So ruhig er im Tor spielte, so erregt und empfindlich war er oft innerlich. Vor und nach manchem Spiel saß er kreidebleich in der Kabine, weil er dem Spiel entgegen- oder nachfieberte.

Seinen ersten großen Auftritt im Clubtrikot hatte er vor Saisonbeginn 1947 in einem Freundschaftsspiel gegen Schalke 04. Der Sport schrieb: „Schaffer begann unsicher, ließ einige Bälle fallen, schien die Achillesferse des Club zu sein. Was er aber wirklich kann, zeigte die letzte Viertelstunde, in der er mit einem Schlag der Held seiner Elf wurde. Wie er seinen Strafraum beherrschte, die Schüsse faustend, hechtend (zeitweise allerdings zu gewagt!) abwehrte, das war große Klasse.“

Als dem Schorsch Kennemann einmal beim Schaffer etwas nicht passte, raunzte er ihn an wie ein Bierkutscher. Schaffer schnappte sich den Ball, wurde kreidebleich und rannte auf den Schorsch los, der schnell weglaufen wollte. Es gelang Schaffer aber doch noch, ihm den Ball an den Kopf zu werfen. Maxl Morlock rief ihnen zu: „Was macht ihr denn da?“ Da antwortete Kennemann: „Freistelln tu ich mich, sigst denn des net? Der hat mer doch den Balln scho hiegschmissn!“

Bei weiten Auswärtsreisen wurde früher immer eine Menge Proviant mitgenommen. Schaffer hatte es übernommen, immer den Sack mit dem Brot zu bewachen und zu transportieren. Eines Tages war der Edi, der wegen der schweren Last gebeugt hinter den anderen her keuchte, plötzlich verschwunden. Seine Freunde wälzten sich fast auf dem Boden vor Lachen, als sie wenig später den Grund erfuhren: Man hatte den Nachzügler als Schwarzhändler verhaftet.

            Abbildung entnommen aus Wich/Kelber: Der Meisterclub
Endspiel 1948. Edi Schaffer im Getümmel.
Links Gerhard Bergner, rechts Maxl Morlock


                                                    
Abbildung entnommen aus Sport-Magazin 33/1948
Hier rettet Schaffer vor dem heranstürzenden Ottmar Walter.
Am linken Bildrand Schorsch Kennemann.

Abbildung entnommen aus: 75 Jahre 1. FC Nürnberg
Uebeleins Eigentor im Meisterschaftsendspiel 1948

Im Endspiel um die deutsche Meisterschaft gegen den 1. FC Kaiserslautern am 8.8.1948, einem seiner besten Spiele, sorgte der einzige Nicht-Nürnberger im Team beim Stand von 2:1 für den Club beinahe für eine Katastrophe. Das Sport-Magazin beschrieb die letzte Minute des Finales so: „Kurz und gut – ein Pfiff ertönte. Gemeint war ein Freistoß und – selbst Schaffer glaubte an ein Spielende. Freudestrahlend warf er die Arme in die Luft, lief zur Mitte, die ersten Nürnberger Anhänger folgten. Da erkannte er rechtzeitig seinen Irrtum, zumal Kennemann wie ein Verkehrsschutzmann in Richtung Tor zurückzeigte. Sekunden später brauste ein Schuss von Baßler am Club-Tor vorbei. Schaffers Panthersprung wäre vergebens gewesen, aber das Glück war mit ihm und seinem prachtvollen Können.“ Letztendlich war er aber einer der Garanten für den Gewinn der 7. deutschen Meisterschaft. Der ‘große alte Mann’ des FCN, Hans Hofmann,  meinte im Nachhinein: “Wenn die Torhüter vertauscht gewesen wären, hätte wohl Kaiserslautern das Spiel gewonnen.” Die Belohnung für den Gewinn der Meisterschaft waren vier Wochen nach der Währungsreform 1000 Mark. Um die Relationen zu verdeutlichen: 14 Tage vorher hatte man jedem Cluberer für ein Meisterschaftsspiel in Bamberg fünf Mark Zehrgeld bewilligt.

In einem Interview erzählte Edi Schaffer einmal folgendes über die Rückkehr nach Nürnberg nach der gewonnenen Meisterschaft: “Das war absolut verrückt. Wir fuhren damals mit dem Zug von Köln nach Nürnberg zurück. Wir hatten unterwegs schon anständig mit Wein gefeiert und waren dementsprechend fröhlich, als wir am Hauptbahnhof Nürnberg ankamen. Ich dachte mir damals nur: Wohin wollen diese Menschenmassen? Warum jubeln die denn alle so. Da waren über 100.000 Menschen auf den Straßen unterwegs, und ich wusste ja noch nicht, wie das im Fußball so abläuft. Ahnungslos stieg ich also aus und stellte mich bei der Straßenbahn an. Bei meiner Wirtin zuhause angekommen brüllte die nur: Was machst Du denn hier? Schau, dass du schnell zum Zabo kommst, Deine Eltern warten da schon!”

Abbildung entnommen aus Wich/Kelber: Der Meisterclub
Die Meistermannschaft 1948.
oben v.l.n.r.: Edi Schaffer, Abel Uebelein, Adi Knoll, Schorsch Kennemann,
Conny Winterstein, Uttla Uebelein (für ihn stand Schorsch Hagen im Finale),
Maxl Morlock;
unten v.l.n.r.: Helmut Herbolsheimer, Zapf Gebhardt, Gerhard Bergner, Hans Pöschl

In der Saison 1948/49 fiel Schaffer wegen einer Verletzung monatelang aus.

Szene aus dem Oberligaspiel gegen Eintracht Frankfurt (2:2)
 am 10. September 1949:
Schaffer klärt gegen Schieth. Rechts Schorsch Kennemann.

In der Saison 1950/51 sorgte die Verpflichtung Rudi Fischers vom VfB Mühlburg für Unfrieden zwischen den Torhütern. Schaffer fühlte sich zu Unrecht ins zweite Glied zurückversetzt. Die beiden rieben sich im Konkurrenzkampf auf und zeigten nicht gekannte Nervosität.

An Weihnachten 1951 spielte sich Schaffer mit dem Club in die Herzen der spanischen Zuschauer und wurde wie ein König gefeiert, als Atletico Bilbao 4:2 geschlagen wurde. Im nächsten Spiel besiegte der FCN den FC Barcelona mit 2:0. Den Löwenanteil daran hatte Schaffer. Bei einer Abwehrparade wurde er von einem spanischen Stürmer am Kopf getroffen, so dass das Spiel für einige Minuten unterbrochen werden musste. Auf den Rängen wurde es mäuschenstill. Als Schaffer sich die Mütze wieder ins Gesicht zog und auf seinen Posten zurückkehrte, brauste der Jubel für den Torsteher auf, der ganz Barcelona faszinierte. Schaffer schwärmte über dieses Spiel: „Keiner der spanischen Zuschauer verließ nach dem Schlusspfiff das Stadion. Alle winkten mit Taschentüchern und bereiteten mir Ovationen.“

Im September 1952 schrieb Hans Hofmann in der Vereinszeitung: “Ich verstehe vom Tormannspiel rein gar nichts, aber das eine weiß ich bestimmt, dass unser alter Heiner Stuhlfauth in seinem ganzen Leben nicht so oft zu Boden ging wie unser leider immer noch verletzter Edi Schaffer in einem einzigen Spiel. Diese Bemerkung soll keine Spitze gegen den Edi sein, aber verursachte ihm nicht gerade sein riskantes Spiel die für ihn und für uns so unangenehme Verletzung? Im übrigen kann jeder nach seiner Fasson selig werden.”

Schaffer beendete seine Karriere beim Club 1957 und hängte die Torwandhandschuhe endgültig an den Nagel. Nur im Verletzungsfall sprang er für seinen Nachfolger Roland Wabra noch für die Dauer einer Saison ab und zu ein. 1958 kam dann das endgültige Ende seiner glanzvollen Karriere. Immer aber trauerte er dem alten Zabo hinterher, an den er sich folgendermaßen erinnerte: „Da fehlt jetzt einfach ein Stück Club. Was haben wir dort für Stunden verlebt, als wir nach jedem Spiel bis Mitternacht zusammensaßen! Aber solche Zeiten kommen wohl nie wieder. Wir verdienten als Vertragsspieler zwar nur 360 Mark, aber was ich da an Geselligkeit miterlebt habe, hat mir unheimlich Freude bereitet.“

Mit dem Abschied vom Clubtor war für Edi Schaffer der völlige Abschied vom Fußball verbunden. “Trainer zu werden, das hat mich nie gereizt”, bekannte er. Auch als Spieler aber hatte er seinen Beruf bei als kaufmännischer Angestellter bei Siemens nie vernachlässigt. Er bedeutete ihm von nun an alles: “Ich musste mich doch erkenntlich zeigen für die vielen Rücksichten, die man während meiner aktiven Zeit auf mich nahm.” Dass das auch vorher schon seine Meinung war, belegt folgende Erzählung Schaffers: “Eines Tages kamen wir um acht Uhr früh von einem Spiel aus Hamburg in Nürnberg an. Ich ging kurz zum Friseur und stand um neun Uhr an meinem Arbeitsplatz.”

Abbildung entnommen aus Club-Revue 12/86
Anlässlich seines 65. Geburtstags wird Edi Schaffer
von Andreas Weiß und Edi Hahn geehrt.
Neben Schaffer seine Frau Irmgard und ihre Mutter.

Seit Mitte der 60er Jahre leben Edi Schaffer und seine Frau, eine frühere bekannte Club-Handballerin, die er 1952 heiratete, in ihrem Eigenheim im Laufer Ortsteil Heuchling.