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“Es ist eine Ehre für diese Stadt, diesen Verein
und die Bewohner Nürnbergs zu spielen.
Möge all dies immer bewahrt werden
und der großartige FC Nürnberg niemals untergehen.”
(Heiner Stuhlfauth)

Richard “Tipfi” Oehm

Abbildung entnommen aus Bausenwein u.a.: Die Legende vom Club

geboren am 22. Juni 1909;

Oehm absolvierte von 1929 bis 1939 417 Spiele für den 1. FCN. 1936 errang er mit dem Club die deutsche Meisterschaft, 1935 den Pokalsieg. Er bestritt 3 Spiele in der Nationalmannschaft. Auch in der Studentennationalmannschaft kam er zum Einsatz.

Der 1,88 Meter große Spieler, eine Kopie des legendären Carl Riegel, wurde Tipfi genannt, weil er als Junge sehr klein war, wie ein i-Tüpfelchen eben. Der spätere Mitarbeiter in verschiedenen Club-Gremien begann mit 12 Jahren in der Schülermannschaft des Club. Als eleganter Techniker kam er vom VfR Mögeldorf, wohin er auf Wunsch seines Vaters zwischendurch gewechselt hatte, zum Club zurück. Er war oft mit überraschenden Fernschüssen erfolgreich. Böse Zungen behaupten, dass er nur deswegen ungern zum Kopfball hochsteigen wollte, weil er Akademiker war.

Sein Debüt feierte er kurz vor Jahresschluss 1929 gegen die SpVgg Fürth. Die Vereinszeitung schrieb: “Insbesondere verriet Oehm, dass er über gutes Spielvermögen verfügt und wohl berufen ist, beim 1. FCN in der Spitzenmannschaft tätig zu sein.” Am Anfang als Halbstürmer eingesetzt, wurde er bald zum Läufer umfunktioniert. Trainer Jenö Konrad kommentierte: “Oehm ist nicht der Halblinke, den der Club braucht.”

Für sein Studium zum Gartenbauarchitekten in Weihenstephan zog er nach München um, schlug jedoch alle Angebote von Münchner Vereinen aus. Lieber reiste er zu jedem Spiel mit dem Zug an.

Sein Länderspieldebüt feierte Oehm im Herbst 1932 gegen Schweden. Als ihm Reichstrainer Otto Nerz bei einem Lehrgang riet, er müsse nur noch sein Kopfballspiel verbessern, antwortete Oehm: “Das wird mir schwerfallen. Bei uns in Nürnberg spielen wir nur flach.”

Im November 1932 meldete die Vereinszeitung nach einem Gastspiel bei Wacker München einen ungewöhnlichen Unfall Oehms, der ihn einige Zeit außer Gefecht setzte: “Oehm hatte auf der Fahrt von Freising nach hier das Missgeschick, dass er sich im fahrenden Eisenbahnwagen von einem herabfallenden Fenster eine starke Armgelenksprellung mit Bluterguss zuzog.”

Im Oktober 1934 urteilte Hans Kalb in der Vereinszeitung: “Oehm verbraucht zu viel Kraft durch sein Überspielen und langes Ballhalten.” Überhaupt war Oehm oft herber Kritik ausgesetzt, vor allem, weil er immer wieder auf anderen Positionen spielen musste, die ihm zum Teil überhaupt nicht lagen. Die Vereinszeitung schrieb deshalb im Januar 1935: “Das Versuchskarnickel Oehm wünscht sich einen festen Platz in der ersten Mannschaft und ein besseres Publikum.”

Einen besonderen Platz nahm Oehm in Baptist Reinmanns Bericht über die Madridreise des 1. FCN an Weihnachten 1934 ein: “Samstag waren wir vom FC Madrid nach Escorial eingeladen. Eine herrliche Pracht, dieses Schloss! Auf dem Schlosshof spielte die ganze Jugend Fußball, wo wir natürlich gleich mitmachten. Dieses Hin- und Herschlagen dauerte so lange, bis Oehm ein Fenster vom Schloss mit wunderbarem Schuss zertrümmerte und daraufhin alle sang- und klanglos im Gebäude verschwanden.”

Im Frühjahr 1935 schrieb die Berliner “Fußballwoche” über Oehm: “Er spielt mit Zurückhaltung und Überlegung.”

Inzwischen war Oehm zum Stadtgartenarchitekten aufgestiegen und war für die gärtnerische Planung der Erweiterung des Stadiongeländes zum Reichssportfeld mit dem Deutschen Stadion zuständig.

Nach einem Spiel in Schweinfurt im September 1935, das - wie schon öfter - ausgeartet war, stellte Oehm glasklar fest: “Das Schönste von Schweinfurt ist die Heimfahrt!”

Auf der Weihnachtsfeier 1935 bekam Oehm - wohl aus gegebenem Anlass - folgendes Verslein zu hören:

“Auch dir, o Tipfi, du weißt, dir frommt
ein schwerer Trunk nicht immer.
Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
da singt dein Lob man nimmer.”

Nach dem Pokalsieg von 1935 über Schalke 04 schrieben die Düsseldorfer Nachrichten: “Der linke Läufer Oehm war in seiner ganzen Art und Weise ein Außenläufer, wie man ihn nicht alle Tage sieht. Saubere Abwehrarbeit, feines Kopfballspiel, genaue und flache Steilvorlagen. Oehm ist ein Läufer der großen Nürnberger Schule.”

Im Januar 1936 schrieb Hans Hofmann nach einem Spiel der deutschen Nationalmannschaft in England, bei dem ihn besonders das Kopfballspiel derEngländer begeisterte: “Da hätte unser Tipfi Oehm aber was lernen können, sintemalen Kopfballzuspiel nicht seine starke Seite ist.”

Im April 1936 widmeten Anhänger aus Leipzig Oehm einen Ehrenhut und folgendes Gedicht:

“Der ‘Tipf’ auf dem ‘i’, Ricardo der Oehm,
als Mensch wie als Spieler etwas bequem,
doch nie war er ein Spielverderber,
denn er spielt gern für sich und seinen Körper.
Viel Temperament, etwas südländisches Blut,
ein Veilchen, das im Verborgenen blüht - aber gut.
Nimm diesen Hut, Ricardo, ohne viel Getue,
wir bitten dich, setz dich noch nicht zur Ruhe!”

Abbildung entnommen aus Bausenwein u.a.: Die Legende vom Club
1936 schlägt der Club im Halbfinale der Meisterschaft Schalke 04 mit 2:0.
Gauleiter Streicher gratuliert hier v.l. Karl Gußner, Seppl Schmitt und Tipfi Oehm
.


Abbildung entnommen aus Wich/Kelber: Der Meisterclub
Tipfi Oehm (rechts) nach dem gegen Düsseldorf gewonnenen Endspiel 1936.
Während Seppl Schmitt und Schwab vom Platz getragen werden,
muss er laufen.

Oehm, der mit Vorliebe Karl Valentin imitierte, war ab 1952 im Club-Vorstand als Spielerobmann tätig. Beruflich hatte er sich verändert und arbeitete nun als selbständiger Gartenarchitekt.

1952 kandidierte er erfolgreich für die Deutsche Demokratische Partei bei den Stadtratswahlen.

Bei der Pelzmärtl-Feier der Clubjugend 1952 widmete ihm Jugendleiter Andreas Weiß folgende Verse:

“Was brauch zum Beispiel zur Person
vom Toni Kugler ich nu sog’n?
Die Alten wiss’n, wer er war,
und für euch Junga werd’s bal  klar,
wenn er vur euch lehrt und doziert,
mit dem Moh is ma net ausg’schmiert.
Dösselbe gilt für’n Tipfi Oehm,
a Läufer einst, wöi’s net viel geb’n,
a Spieler mit gar viel Verstand
und deshalb passend für sei Amt.
Derzou, ihr Boub’n, hout er a Herz
und teilt mit euch gern Freud und Schmerz.”

Abbildung entnommen aus Der Club 9/1988
Muckl Eiberger und Tipfi Oehm beim Besuch eines Clubspiels
anfangs der siebziger Jahre