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“Es ist eine Ehre für diese Stadt, diesen Verein
und die Bewohner Nürnbergs zu spielen.
Möge all dies immer bewahrt werden
und der großartige FC Nürnberg niemals untergehen.”
(Heiner Stuhlfauth)

Willi Müller

gestorben am 4. September 1925

Müller absolvierte von 1904 bis 1908 als Mittelstürmer 34 Spiele für den 1. FCN.

Später war Müller Vorstand der Schwimmabteilung des 1. FCN.

Im September 1925 widmete die Vereinszeitung Müller folgenden Nachruf:
“Am 4. September verschied unser lieber Klubkamerad. Unerwartet früh raffte ihn ein unerbittliches Schicksal hinweg. Betrauert von seinen Angehörigen, von einer zahlreichen Sportgemeinde sahen wir ihn als einen der Besten ins Grab sinken, die die Geschichte des Clubs kennt.
Im Jahre 1904 kam Wilhelm Müller aus Magdeburg nach Nürnberg. Schlecht und recht schlugen wir uns damals als ein kleiner und unbekannter Fußballverein durchs Leben. Dürftig wie unsere gesamten Verhältnisse, war auch unsere Spielweise. In dieser fehlten uns vollkommen neue Anregungen, mangels dieser mussten wir stagnieren. Wilhelm Müller war es, der die aufgehende Saat in Nürnberg Jahre hindurch betreute und wir dürfen es heute mit Stolz behaupten, dass er sein redlich Teil dazu beigetragen hat, als hervorragender Fußballspieler den später so fruchtbaren Boden in Nürnberg-Fürth vorzubereiten.
Als ehemaliger Spielführer der Magdeburger Kricket-Victoria, die um das Jahr 1904 einen weit besseren Klang in Fußballkreisen hatte als der Name des 1. F.C.N., war er für uns der gesuchte Mann. Nicht sobald war Müller bei uns Mitglied geworden, als er auch verstand, sachte die Zügel der Mannschaft in die Hand zu nehmen. Der Einfluss Müllers auf die Gestaltung und Weiterentwicklung des Clubspiels war bemerkenswert und die Jungen und Jüngsten unter uns galten als seine gläubigsten Anhänger.
Im Jahre 1905 kehrte Müller zwar nach Magdeburg zurück, siedelte aber im darauffolgenden Jahre gänzlich nach Nürnberg über, wo er bis zu seinem Lebensende eine zweite Heimat fand. Als Kapitän der ersten Mannschaft führte Müller den Club zu zahlreichen Siegen. Mit Müller als Mittelstürmer gewannen wir im Jahre 1907 zum erstenmale die bayerische Meisterschaft. Im Jahre 1908 machte er seinem Schüler Steinmetz freiwillig Platz in der ersten Mannschaft. Er selbst blieb noch viele Jahre in der 2. Mannschaft und später in der Altherrenmannschaft tätig, aber fast immer finden wir ihn dafür im Rate der Alten.
Ganz gewiss erfreute sich unsere Mannschaft keiner besseren Führung als in den Jahren 1906/1907. Da gab es doch nicht einen unter uns, der sich nicht willig dem Kapitän Müller untergeordnet hätte, der außerhalb des Spielfeldes die Liebenswürdigkeit selber und ein braver Freund und Kamerad für alle war.
Vier Jahre stand er im Felde. Bei seiner Truppe genoss der Oberleutnant Müller die gleiche Achtung und Liebe wie der Sportsmann Müller zu Hause. Mit Auszeichnungen, aber auch verwundet, kehrte er zu uns zurück. Als der Ruf an ihn erging, stellte er sich alsbald seinem Club zur Verfügung und so übernahm er zuletzt die Leitung der Schwimmabteilung, der er seine ganze Kraft widmete.”

Im Oktober desselben Jahres veröffentlichte die Vereinszeitung folgende ‘Erinnerungen an Wilhelm Müller’ von Hans Hofmann:
“Willi Müller besaß´in den Jahren 1906/07 eine Volkstümlichkeit, wie sie heute verhältnismäßig etwa Riegel, Träg oder Stuhlfauth besitzen. Ohne Zweifel brachte ‘Müller aus Deutschland’ in die Mannschaft einen gewissen Zug oder ‘Zuch’, wie er sagte, und den ‘Zuch’ der Stürmer nach vorne pries er stets als deren vornehmste Aufgabe. Er selbst blieb das gute Beispiel auch nicht schuldig. War der Augenblick gekommen, so riskierte er selbst gern einen Durchbruch. Hart genug bedrängt, ließ er meist nicht locker, bis er sich freigespielt hatte. Dann kam der große Moment, den wir alle kannten: Die unentbehrliche Mütze sich vom Kopfe reißend, setzte er mit dem Kriegsruf ‘Jol’ (Goal) einen saftigen Linken in die Maschen. In seiner besten Zeit hatten die Tormänner, wenn Willi ihnen entgegensteuerte, nichts zu lachen.
In dem denkwürdigen Spiel gegen die Berliner Britannia gab es bei den Preußen verwunderte Gesichter wegen der Schießkunst der Nürnberger. Zu den 7 von uns erzielten Toren zählte auch ein auf sonderbare Weise verwandelter Elfmeterball, den einer der Berliner Verteidiger wegen allzu scharfen Angehens unseres Rechtsaußen Haggenmiller verwirkte. Zuerst wollte keiner von uns den Elfer treten. ‘Hagges’ war sonst der sichere Elfmeterschütze, aber er humpelte elend auf dem Platz herum. ‘Haggenmiller, treten Sie an den Ball’, kommandierte Müller und da gab’s keine Widerrede. Zum besseren Verständnis muss noch erwähnt werden, dass damals die Torwächter noch 5 Meter von der Torlinie entfernt im Felde stehen durften und der Berliner Torwart wollte sich diesen Vorteil nicht entgehen lassen, er stand also außen. Haggenmiller trat also heran, nahm einen gehörigen Anlauf, stolperte entsetzlich und traf deswegen den Ball so miserabel, dass dieser mit einem erheblichen Effet den Weg an dem Torpfosten vorbei ins Aus zu nehmen drohte. Vor demselben besann er sich eines Besseren und schwenkte plötzlich zu aller Erstaunen nach innen und in gemächlichem Tempo in die Torecke. Jeder auf der Torlinie stationierte Torwächter hätte den Ball mühelos in Empfang genommen. Aber der Berliner stand eben außen und war auf die im Innern der Kuhhaut schlummernden Kräfte absolut unvorbereitet. Sprachlos starrten die Preußen das Wunder an, nur der Kapitän Faber gab seiner Verwunderung über die ‘Kiste’ beredten Ausdruck. Aber da trat unser Müller vor ihn hin. ‘Wat Kiste’, herrschte er ihn an, ‘so machen wir se alle!’ Sprach’s, drehte sich um und ließ den verdutzten Berliner stehen.
Im Frühjahr 1907 hatten wir zum ersten Mal die hohe Ehre, als Mitbewerber um die süddeutsche Meisterschaft auf den Plan zu treten. Unser einziger Gegner war kein geringerer als der berühmte FC Freiburg, der nachmalige deutsche Meister. Wir spielten damals in Freiburg ein Aufsehen erregendes und ehrenvolles 1:1-Ergebnis heraus. Den einzigen Torerfolg hatten wir Müller zu verdanken, und das kam so: Müller erhielt den Ball in der Mitte und versuchte seinen bekannten Durchbruch, aber der gelang nicht. Den Ball gab er aber nicht mehr her, er dribbelte nun nach halblinks, fand keine Schussgelegenheit und ging nun mit dem Ball weiter, bis er glücklich am linken Eckpfosten angelangt war, die ganze Freiburger Verteidigung wie eine Meute hinter sich drein. Und nun gab er von da außen eine so wunderbare Flanke aufs Tor, dem völlig freitstehenden Steinmetz gerade auf die Pfanne, dass dieser mit aller Gemütsruhe den Ball ins Tor setzen konnte.
Müller war auch ein großer Musikfreund und selbst ein gewaltiger Sänger vor dem Herrn. Sein Leiblied war, man höre und staune, ‘Wir brauchen keine Schwiegermama’. Er ruhte nicht eher, als bis wir alle diesen Gassenhauer mit etzlichen Variationen ebenfalls als Leiblied auserkoren hatten, wobei wir uns bemühten, das ‘r’ noch schöner rollen zu lassen, als es unser guter Willi tat. Selbstverständlich, dass dieses schöne Lied bei jeder passenden Gelegenheit angestimmt wurde. Unser Gesangsrepertoir war damit hinlänglich ausgefüllt.
Es war in Prag auf dem Belvedere. Wir standen der sieggewohnten Slavia gegenüber. Vergebens kämpften wir gegen die brandenden Wogen des Tschechensturmes, vergebens mühte sich Müller ab, das verlorengegangene Gleichgewicht der Seinen wiederherzustellen. Zweimal sandte er das Leder in das Slaviator, aber was bedeuteten die zwei Tore gegen das Dutzend, das wir auf der anderen Seite hineinbekamen? Doch auch dieser Kelch ging vorüber. Belämmert verließen wir den Kampfplatz. ‘Kinder, was wollt ihr’, versuchte uns Müller zu trösten, ‘als ich noch Kapitän der Cricket-Viktoria war, da haben die Tschechen uns 16 reingehauen.’ Fürwahr, das war noch einigermaßen tröstlich, aber die ‘Schwiegermama’ haben wir am selben Abend nicht mehr gesungen!”