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Ludwig “Luggi” Müller
geboren am 25.8.1941;Müller absolvierte von 1964 bis 1969 136 Bundesligaspiele für den Club, wobei er 10 Treffer erzielte. Insgesamt trug er 226mal das Clubtrikot. Während seiner Zeit beim Club wurde er 5mal in der
Nationalmannschaft eingesetzt, insgesamt bestritt er 6 Länderspiele. Der gelernte Großhandelskaufmann wurde auf Empfehlung von Baptist Reinmann vom FC Haßfurt zum FCN geholt und durfte nach der offiziellen
Wechselfrist noch einen Vertrag unterschreiben, weil Reinhold Gettinger nach einem schweren Beinbruch aus der Vorsaison als Sportinvalide seine Karriere beenden musste. Niemand ahnte damals, welch großartigen Spieler
der Club mit dem kompromisslosen Kämpfer angeheurt hatte. Die Club-Deckung fand in dem harten, aber nie absichtlich die Grenzen des Erlaubten überschreitenden Abwehrspieler immer wieder eine wertvolle Stütze, wenn es
darum ging, die gegnerischen Stürmer an die Kette zu legen. Auch er war, wie so viele, in eine unangenehme Situation mit Trainer Jenö Csaknady verwickelt, von der Nandl Wenauer berichtete: “Helmut Hilpert, der nie
simulierte und wirklich nur pausierte, wenn er schwer verletzt war, klagte über eine schwere Zerrung. Die Blessur war so schmerzhaft, dass Dr. Lobenhofer den Helmut am Mittwoch spieluntauglich schrieb.
Unglücklicherweise war zur gleichen Zeit der Luggi Müller an Angina erkrankt. Als Dr. Lobenhofer nun auch noch dem Luggi ein Attest
ausstellte, witterte Csaknady eine Art Kollaboration, eine Verschwörung zwischen Vereinsarzt und Spielern gegen sich. ‘Zuerst haben Sie mir Hilpert totgeschrieben’, polterte Csaknady, ‘und jetzt auch noch Müller. Aber
ich bestehe darauf, dass der Luggi spielt, und wenn er dabei tot umfällt.’ Diesen Disput in der Kabine werde ich nicht vergessen. Dr. Lobenhofer, in seiner Ehre gekränkt, wollte Csaknady an die Gurgel. ‘So lange ich
hier Sportarzt bin, kommt der Einsatz von Luggi Müller nicht in Frage’, brüllte Dr. Lobenhofer. ‘Ich lasse in die Zeitung setzen, dass Sie den Tod von Luggi Müller provozieren!’ Csaknady, der sich als lieber Gott und
unantastbar fühlte, zitterte am ganzen Körper. Luggi Müller hatte wirklich eine Angina und wegen zu frühen Spielens bekam er eine Herzmuskelschwäche. Ein Vierteljahr fiel er aus.” Mit seiner Bemerkung „Luggi spielt
doch wie eine Oma!“ nach dem Spiel gegen den 1. FC Köln in der Saison 1966/67 sorgte Max Merkel dafür, dass die Clubfans von Stund an einen Spieler, der ihnen zu langsam und zu wenig aggressiv erschien, mit gellenden
„Oma! Oma!“-Rufen bedachten. Lugg Müller selbst war davon aber nie betroffen.
Abbildung entnommen aus Fischer: Die großen Spiele 1968
Die Elf des DFB, der es als erster in der deutschen Länderspielgeschichte gelang, England zu besiegen. Das Spiel am 1.6.1968 in Hannover endete 1:0.
v.l.n.r.: Wolfgang Overath (1. FC Köln), Horst Wolter (Eintracht Braunschweig), Max Lorenz (Werder Bremen), Franz Beckenbauer (Bayern München), Schorsch Volkert,
Luggi Müller, Bernd Dörfel (Hamburger SV), Wolfgang Weber (1. FC Köln), Hennes Löhr (1. FC Köln), Klaus Fichtel (Schalke 04), Berti Vogts (Borussia Mönchengladbach)
1968 gewann er mit dem Club die neunte deutsche Meisterschaft. Der eisenharte Verteidiger hatte großen Anteil an diesem Triumph. Meist setzte ihn Max Merkel auf den gegnerischen
Torjäger an, um den sich der Luggi dann liebevoll kümmerte. Abbildung entnommen aus Wich/Kelber: Der Meisterclub
Packende Szene aus der Saison 1967/68 mit Luggi Müller, Heinz Strehl und Schorsch Volkert. Nach dem 1:1 in Mönchengladbach besuchte Sepp Herberger die Cluberer in ihrer Kabine,
wobei er Luggi Müller von oben bis unten musterte und meinte: „Aha, Sie sind also der Müller! Wäre das nicht ein Mann für mich und meine Nationalmannschaft gewesen?“
Als nach dem 2:0-Sieg bei Bayern München am vorletzten Spieltag die Meisterschaft bereits feststand, fiel Müller Merkel um den Hals und fragte: „Trainer, ist es wahr, wir haben es
geschafft?“ Wenige Tage danach feierte er sein Länderspieldebüt und trug so zum ersten deutschen Sieg gegen England mit bei. Das Sport-Magazin schrieb dazu: „Dem Debütanten
Ludwig Müller muss man für seine einsatzfreudige Leistung die Note 1 zuschreiben. Er benötigte eine kurze Anlaufzeit, und schon war er im Bild. Solche Kämpfertypen braucht Helmut Schön!“
Zu seinem zweiten Einsatz im Nationaltrikot kam er kurz darauf beim 2:1 gegen Brasilien. Das Sport-Magazin schrieb dazu: „Eine undankbare Aufgabe wurde wieder dem Nürnberger Ludwig
Müller zugeschoben. Er sollte die gefährliche brasilianische Spitze Jairzinho ausschalten. Ludwig Müller ging noch kaltschnäuziger, noch selbstbewusster zu Werk als zu Hause bei seinem Club.
An diesem zähen Kämpfertyp war nicht vorbei zu kommen. Ihm galt der Beifall auf offener Szene. Der Nürnberger ließ es aber bei dieser Aufgabe allein nicht bewenden. Wenn er Zeit
hatte und Lust vespürte, stürmte er mit nach vorne, bot sich an und belebte das eigene Sturmspiel. Hier hat der Bundestrainer einen guten Griff getan! Ludwig Müller stellte sich in einer
Form vor, die es glauben machte, er hätte bereits 25 Länderspiele hinter sich.“ Abbildung entnommen aus: 75 Jahre 1. FC Nürnberg
Der Luggi mit der Meisterschale auf dem Hauptmarkt. Über die Schulter spitzt ihm der Leo Leupold, der die Trophäe auch mal anlangen möchte.
In der Abstiegssaison 1968/69 fehlte er in der Hinrunde lange aufgrund einer Blinddarmoperation. War er dabei, war er oft der effektivste Stürmer der Mannschaft. Diese
Tatsache belegt ein Ausspruch Max Merkels vor dem Spiel gegen den 1. FC Köln im Dezember 1968: „Was ich mit dem Luggi Müller mach, weiß ich wirklich noch nicht. Höchstwahrscheinlich
wird er aber nicht Spitze spielen wie in Dortmund.“ Luggi Müller war ein Markenzeichen für einen, der die ersten Jahre der Bundesliga nachhaltig
prägte. Und doch waren es zwei „schwarze Tage“, die der Karriere des energiegeladenen Abwehrspielers, der Außenläufer, Stopper und Libero spielen konnte, ihren Stempel
aufdrückten und die Wege bestimmten, die er im deutschen Fußball nehmen musste: der 7. Juni 1969 und der 1. Dezember 1971.
Der 7. Juni 1969 war für ihn ein Datum, das er am liebsten für immer aus seinem Gedächtnis gestrichen hätte. Es war der Tag, an dem er zwangsläufig den Verein verlassen musste, dem
eigentlich seine ganze Liebe gehörte. Der Club war aus der Bundesliga abgestiegen. Abbildung entnommen aus Bausenwein u.a.: Die Legende vom Club
Es ist vorbei - der Club ist zum ersten Mal in seiner Geschichte zweitklassig. Luggi Müller und der weinende Leo Leupold verlassen nach dem Schlusspfiff den Platz. Abbildung entnommen aus Haala: Der Club
Nach dem Abstieg wird Luggi Müller von seinem Nationalmannschaftskollegen Wolfgang Overath getröstet.
Am letzten Spieltag verlor die Mannschaft 0:3 beim 1. FC Köln, und zu denen, die sich ihrer Tränen nicht schämten, gehörte Luggi Müller. Wenige Minuten später hatte er in Borussia
Mönchengladbach einen neuen Verein gefunden. Er unterschrieb den Vertrag auf der Kühlerhaube eines Autos. Seine Familie war darüber weniger glücklich, denn die Müllers
besaßen in Haßfurt zwei florierende Konfektinshäuser, die er mit seiner Frau eröffnet hatte. Im Juli schrieb die Vereinszeitung anlässlich seines Abschieds: „Leider zeigte sich auch in Köln
wieder, dass einige Club-„Fremdenlegionäre“ nur noch mit halbem Herzen dabei waren. Als Ausnahme, die die Regel bestätigt, darf Ludwig Müller genannt werden, dessen kämpferischer
Einsatz auch im letzten Spiel beispielgebend war.“ Müller begann nun eine elfjährige Wanderschaft, wobei er stets zwischen seiner Familie und dem jeweiligen Verein hin und her pendelte.
Nach dem Club-Abstieg blieb er noch 6 Jahre in der Bundesliga und spielte für Mönchengladbach und Hertha BSC. Als hoffnungsvoller Nationalspieler sah er in Hennes Weisweilers Talentschmiede am Bökelberg
zunächst eine ideale Stätte der persönlichen Weiterbildung. Drei Jahre blieb er am Niederrhein und wurde in dieser Zeit zweimal deutscher Meister.
Am 1. Dezember 1971 bestritt er mit Gladbach im Hexenkessel des Berliner Olympiastadions das Wiederholungsspiel gegen Inter Mailand, das nach dem 7:1 der Gladbacher rund 6 Wochen
zuvor angesetzt worden war, weil Roberto Boninsegna von einer Coladose am Kopf getroffen worden war und sich vom Feld hatte tragen lassen. Eben dieser Boninsegna brach Müller durch
einen Tritt das Schien- und das Wadenbein. Danach musste er fast 9 Monate pausieren. 1972 unterschrieb er bei Hertha BSC Berlin und wurde dort Mannschaftskapitän. 1975 verabschiedete er sich von der Bundesliga.
Abbildung entnommen aus Kicker/Sport-Magazin 45/1978 Zum Ende der Saison 1977/78 beendet Luggi Müller im Trikot des FC Haßfurt seine Karriere.
Im September 1978 berichtete der Kicker über eine “gute Tat des Luggi Müller”, die ein bezeichnendes Licht auf seinen Charakter wirft: “Sechs Jahre ist der ehemalige Nationalspieler
Luggi Müller nun schon vom Bökelberg weg. Doch noch immer hat er enge Beziehungen nach Mönchengladbach. Vor allem zu Tante Titti, wo er seine drei Jahre bei Borussia wie viele andere
Spieler vor und nach ihm gewohnt hat. Als die 74jährige sich jetzt im Sommer einer schweren Operation unterziehen musste, erkundigte sich Luggi ständig im Krankenhaus nach ihrem
Befinden und lud sie dann zur Erholung zu sich ins fränkische Haßfurt ein. ‘So etwas Schönes habe ich noch nie erlebt’, schwärmte die alte Dame nach ihrer Rückkehr. ‘Der Luggi hat mich in
seinem Wagen abgeholt und nach zehn Tagen wieder nach Hause gebracht. Und jeden Tag hat er sich Zeit genommen, stundenlang mit mir herumzufahren und hat mir alles gezeigt. Und dann
hat er in einer Wallfahrtskirche noch zwei Kerzen für mich angesteckt, damit ich wieder ganz gesund werde.’” Ebenfalls 1978 wurde er nach der Entlassung von Werner Kern für einen Tag als neuer Trainer
gehandelt. Max Merkel sollte Technischer Direktor werden. Die Meldung stand sogar schon in den Zeitungen. Da die Verpflichtung Merkels von der Mehrheit der Vorstandsmitglieder
gestoppt wurde, zerschlug sich auch der Plan, Luggi Müller nach Nürnberg zurückzuholen. Als 52jähriger im Trikot des FC Haßfurt erlitt er im Spiel gegen den FC Sand erneut einen Schien- und Wadenbeinbruch.
Eine Karriere als Trainer, unter anderem beim 1. FC Haßfurt und beim 1. FC Bamberg, beendete er schon nach sehr kurzer Zeit mit der Feststellung: „Ich möchte mich nicht mehr ärgern.“
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