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Hans Kalb Abbildung entnommen aus Club-Magazin 10/1995 geboren am 3. August 1899; gestorben am 5. April 1945.
Kalb absolvierte von 1917 bis 1933 681 Spiele im Clubtrikot. Er wurde 15mal in die deutsche Nationalmannschaft berufen, wobei er 2 Tore erzielte.
Er war unbestritten - zum Beispiel auch nach Ansicht Sepp Herbergers - einer der größten Fußballspieler seiner Zeit, und das nicht nur wegen seiner respektablen Körpergröße von
1,87 Meter. In den großen Erfolgs- und Meisterjahren war er die führende Persönlichkeit beim 1. FC Nürnberg. Er galt als einer der besten, wenn nicht sogar als der beste offensive
Mittelläufer überhaupt, den der deutsche Fußball hervorgebracht hat, und war viel mehr als ein Abwehrchef, der mit sicherem Stellungsspiel und Kopfballstärke den Strafraum vor
dem eigenen Tor sauber hielt. Er war der uneingeschränkte Chef der Mannschaft. Mit ihm stand und fiel die Qualität des Clubspiels.
Gerühmt wurde er allerdings nicht nur als Fußballer, sondern auch als “Spezialist der drei B’s”: Biertrinken, Billiard und Beinbrüche, die ihm in seiner Karriere insgesamt dreimal
passierten. Der Lebemann frönte auch noch weiteren Hobbys wie Tennis, Skilaufen, Wandern und Schafkopfen. Sein Biograph Wilhelm Fanderl schrieb dazu: “Mit Schmunzeln
werden sich seine Freunde an die martialische Kraft erinnern, die der von Herzen gutmütige Riese am Karteltisch entfaltete, wenn er beim Schafkopfspiel die Trümpfe auf die Platte
knallte.” Und Hans Hofmann schrieb einmal: “Ich habe ihn schwer in Verdacht, dass er sich bei Reisen außer dem genehmigten Alkohol noch einen Extrateil genehmigte und dass
er dieserhalb oftmals noch in mitternächtlicher Stunde aus dem Hotel ruckte. Vielleicht tat er das zur Beruhigung seiner Nerven, jedenfalls wissen wir aus Erfahrung, dass er noch im
Bett nachtwandelte, und dass seine Schlafgenossen, soweit es sich um Teilhaber des Doppelbettes handelte, nächtens entsetzt das Weite suchten.”
Kaum ein deutscher Spieler hatte damals technische Kabinettstückchen in seinem Repertoire, wie sie Kalb in fast jedem Spiel zu zeigen pflegte. Ein Zeitgenosse beschrieb
sie folgendermaßen: “Nicht selten ließ er im Spiel den Ball vom Kopf auf den leicht gehobenen Fuß auffallen, von dort über sich hinübersteigen, gab ihm dann mit dem Absatz
neuen Aufstieg und servierte ihn dann vorbei an staunenden Gegnern mit normaler Vorderpfote ab.” Seine hervorragende Technik war für Kalb aber nie Selbstzweck,
sondern immer nur ein Mittel, das Offensivspiel seiner Mannschaft anzukurbeln. Seppl Schmitt erinnerte sich daran voller Bewunderung: “Hans Kalb spielte den Fußball wie eine
Billiardkugel.” In seiner Interpretation des offensiven Mittelläufers als sechstem Mann der Sturmreihe hatte der Dirigent des Nürnberger Spiels auch international kaum Konkurrenz
zu fürchten. Unerreicht war auch seine Schusskraft. Wenn er im Strafraum des Gegners auftauchte, herrschte dort allerhöchste Alarmstufe. Vor allem seine Freistöße, mit
ungeheurer Wucht abgefeuert, waren berühmt und berüchtigt. Kritisiert wurde an ihm lediglich hie und da ein “Stich ins Bequeme”. Ein unbekannter Dichter verherrlichte in den 20er Jahren Kalbs Beine mit folgenden
Worten: “Ja, der Kalb, der hout su Bana, fuchtzg im Umfang, möcht mer mana.” Abbildung entnommen aus Bausenwein u.a.: Die Legende vom Club Auffallend war Kalb aber vor allem auch durch sein Mundwerk. Er brüllte nicht nur
permanent seine Mitspieler an, sondern er hatte auch die Gewohnheit, sich ständig mit den Schiedsrichtern herumzuzanken. Nicht selten war er daher bei Auswärtsspielen ein rotes
Tuch für das Publikum, besonders in Fürth. Kalb aber scherte sich um so etwas nie und schimpfte weiter. Kritisch merkte die Vereinszeitung deshalb einmal an: “Könnte Ruhe
nicht auch unserem lieben Kalb zu eigen sein? Bessere Leistungen und weniger Ärger wären die sichere Folge.” Als er einmal am Abend nach einem Spiel von einem Freund
gefragt wurde, warum er denn so auffallend schweigsam sei, gab er zur Antwort: “Ja wassd, iech hobmi scho währenderm Schbill ausgschbrochen.” Die wohl berühmteste
Anekdote zu Kalbs Stimmgewalt geht so: Eines Tages wollte ein Vater seinen Sohn zum ersten Mal mit zum Fußball nehmen. Die beiden verspäteten sich etwas, und als sie sich
gerade auf der Höhe der Zerzabelshofer Apotheke befinden, dringt aus dem Zabo ein gewaltiger Lärm herüber. “Horch!” sagt der Vater zum erstaunten und erschrockenen Filius, “des is der Kalb!” Abbildung entnommen aus Wich/Kelber: Der Meisterclub Schon als ABC-Schütze rannte er, den Schulranzen noch auf dem Rücken, meist lieber
gleich zur Deutschherrnwiese als nach Hause, um dort seine Idole zu bewundern. Später zog es ihn genauso magisch zum Wiesental oder in die Maiacher Straße. Bald gehörte er der Clubjugend an.
Mit 18 Jahren nahm er 1917 als Artillerist am Ersten Weltkrieg teil. Nach seiner Rückkehr schloss er sich sofort wieder dem 1. FCN an, der inzwischen in Zabo beheimatet war. Den
meisten Beobachtern fiel zwar sein Talent auf, aber letztlich erschien er ihnen nicht wendig genug, um einmal bei den Männern mitzutun. Der Zwanzigjährige, der in Erlangen Zahnmedizin studierte, kam 1919 in die erste
Mannschaft. Der Globetrotter und Starspieler und -trainer Alfred Schaffer entdeckte ihn und steckte ihn kurzerhand ins damalige Clubteam der großen Namen. Er hielt besondere
Übungsstunden mit dem jungen Kalb ab, in denen er dessen Technik, seine Beweglichkeit und seine Gewandtheit förderte, bis er das beidfüßige Fußballspiel wie im Traum
beherrschte. Dessen Stunde kam, als sich Winter schwer verletzte und ersetzt werden musste. Während Schaffer die Flügelspieler anwies, vorne zu lauern und sich freizulaufen, machte er
Kalb vor, wie man schnelle Mitspieler mit langen Steil- und Diagonalpässen effektiv einsetzen kann.Rasch spielte Kalb so, als gehöre er schon viele Jahre in diese große
Mannschaft. Die Vereinszeitung schrieb einmal über ihn: “Köstlich die Augenblicke, wo Nürnbergs überragender Mittelläufer die Lage beherrscht, indem er mit magnetischer
Gewalt den Ball an sich zieht.” Die Anhänger hatten rasch ein Schlagwort geprägt: “Club ohne Kalb - nur halb!” Eingefleischte Nürnberger wie Hans Hofmann sahen die Sache allerdings völlig anders:
“Seiner Eitelkeit und maßlosen Eingebildetheit setzt Schaffer die Krone auf, indem er sich als den Entdecker unseres Mittelläufers Kalb ausgibt, den er aus einer Schülermannschaft
herausgezogen haben will. Kalb war bereits entdeckt und hat in der ersten Mannschaft erstmals als Stürmer gespielt, später dann aushilfsweise als Außenläufer. Als Schaffer zu
unserm Verein kam, haben beide Spieler viel zusammen trainiert, tatsächlich hat Kalb durch dieses Training gewonnen, weil er eben noch jung und aufnahmefähig war.” Der
Clubarchivar Andreas Weiß dagegen merkt an, dass Kalb in der Zeit vor Schaffer allenfalls als Reservespieler aufgeboten worden sei. Wie dem auch sei, fest steht, dass er ganz dem
Stil seines großen Vorbilds nacheiferte. Und im Februar 1927, als der Club gerade die Münchner Bayern locker mit 5:2 abservierte, stellte der Fußballjournalist Joseph Michler über ihn fest: “Er erreicht Schaffer!”
Er war Mitglied jener legendären Meisterelf, die zwischen 1920 und 1927 fünfmal deutscher Meister wurde und dabei in allen fünf Endspielen kein einziges Gegentor bekam.
Von 1920 bis 1928 stand er fünfzehnmal in der deutschen Nationalmannschaft. Nach der ersten Meisterschaft 1920 gegen die SpVgg Fürth reiste Kalb mit der
Nationalmannschaft in die Schweiz. Zum ersten Mal ging es für ihn ins Ausland. Um ja nicht den Zug zu verpassen, erschien er bereits eine Stunde vor Abfahrt am Bahnhof. Viel
später erst trudelten die anderen Nürnberger und Fürther ein: Stuhlfauth, Bumbas Schmidt, Riegel, Wunderlich und Seiderer. Gutmütig spottete der lange Carl Riegel: “Hättst di net so
beeilen brauchen, ohne dich wären wir ja eh net abgfahrn.” Mit dem 1:4 verlorengegangenen Spiel war Kalb natürlich unzufrieden. Schnell hatte er die Ursache
ausgemacht - die taktischen und strategischen Anweisungen des Nationaltrainers Linnemann: “Eine Mannschaft, die mit bestimmten Direktiven aufs Spielfeld geschickt
wird, muss immer unter Hemmungen leiden, in demselben Augenblick, in dem etwas Unerwartetes, Unvorhergesehenes eintritt. Es kommt der Zwiespalt im Innern des Spielers,
der sich einerseits an die Vorschriften des Trainers halten will, um das nächste Mal wieder aufgestellt zu werden, der aber andererseits seiner eigenen Spielauffassung nach ganz
anders handeln müsste. Deshalb ist es meiner Ansicht nach das größte Gift, einer Mannschaft oder dem einzelnen Spieler erzählen zu wollen, wie er spielen soll. Entweder ist
dies Wichtigmacherei des Trainers, oder der Spieler gehört von vornherein nicht in die Ländermannschaft.” Trotzdem brachte er aus Zürich auch positive Eindrücke mit nach
Hause: “Unvergesslich ist mir der Empfang am Züricher Bahnhof durch eine stattliche Sportgemeinde und die geradezu rührende Fürsorge der Schweizer. Sie bestellten als
besondere Attraktion eine Pferdepostkutsche zur Stadtbesichtigung, und da diese im Inneren nicht unsere ganze Truppe fassen konnte, hingen einige von uns auf dem Trittbrett.”
Auch das Bankett am Vorabend des Spiels blieb ihm unvergesslich. Einige Nürnberger verlängerten es durch ein private Nachfeier bis zum Morgengrauen. Doch wer sollte das
bezahlen? Da hatte Kalb die rettende Idee: “Natürlich der Blaschke, wozu haben wir ihn sonst mitgenommen?” So kam es, dass der füllige, joviale, sonst aber sehr bestimmte
langjährige Geschäftsführer des DFB, “Papa” Blaschke, sich jäh aus dem Schlaf gerissen und der fürchterlichen Drohung gegenüber sah, entweder zu zahlen oder aus dem Bett
heraus im Pyjama zum Bahnhof verschleppt und dort ausgesetzt zu werden. Was blieb ihm also anderes übrig, als der Forderung nachzukommen. Er tat es mit einem nachsichtigen Lächeln.
1920 zog sich Kalb “einen Rotlauf zu, der von einer kleinen Schürfwunde ausgehend ihn an den Rand des Grabes brachte”, wie die Vereinszeitung berichtete.
1921 bestritt er sein einziges Länderspiel als Mittelstürmer. Beim 3:3 gegen Finnland erzielte er auch ein Tor. Eine lustige Anekdote ist auch über das Länderspiel am 23. April 1922 in Wien gegen
Österreich überliefert. Drei Tage vor dem Spiel stand die Mannschaft aufgrund mehrere Absagen noch immer nicht. Auf Anraten eines befreundeten Journalisten nominiert der
Spielausschuss die völlig unbekannten Pforzheimer Wetzel und Weissenbacher, von denen selbst die DFB-Gewaltigen noch nichts gehört hatten. Trotzdem werden sie nach Wien in
Marsch gesetzt. Die beiden treffen auf dem Sportplatz ein, ohne auch nur einen ihrer neuen Kameraden vorher gesehen zu haben. Als sie die Kabine betreten, raunzt ihnen der gerade
im Umziehen begriffene Hans Kalb unfreundlich entgegen: “Seit wann ziehen sich die Linienrichter bei der Mannschaft um?” Nach den beiden Meisterschaften von 1920 und 1921 war der 1. FC Nürnberg nahe
daran, zum dritten Mal in ununterbrochener Folge auch 1922 die Meisterschaft zu erringen. Doch Hans Kalb war beim Endspiel in Berlin gegen den Hamburger SV nicht dabei. Er
hatte in einem Spiel gegen Eintracht Frankfurt einen Schienbeinbruch erlitten. So verpasste er das wohl sensationellste Meisterschaftsendspiel aller Zeiten, bei dem es bekanntlich
keine Entscheidung gab. Es endete nach 90 Minuten 2:2. Dann wurde zweimal 15 Minuten verlängert, doch das Ergebnis blieb unverändert. Erneut gab es Verlängerung, diesmal um
zweimal 10 Minuten. Nachdem sich am 2:2 nichts änderte, trat nun eine Regel in Kraft, die es längst nicht mehr gibt: Verlängerung bis zur Entscheidung. Nach zwei Stunden und 45
Minuten brach Schiedsrichter Peco Bauwens, der spätere DFB-Präsident, die Partie ab, weil er einen Wadenkrampf erlitt. Nachdem er behandelt wurde, ging das Spiel weiter,
noch einmal 20 Minuten. Doch keiner der beiden Mannschaften gelang ein Tor, so dass Bauwens das Spiel endgültig abbrach. Das Wiederholungsspiel fand am 6. August 1922 in
Leipzig statt. Kalb war immer noch verletzt. Nach 90 Minuten stand es 1:1. Wieder gab es Verlängerung. Als Träg vom Platz gestellt wurde und Kugler sich verletzte, verfügte der
Club nur noch über sieben Spieler, da die übrigen verletzt vom Platz gegangen waren. Am Ende gab es keinen deutschen Meister, denn der zum Sieger erklärte HSV verzichtete auf
den Titel. 1924, 1925 und 1927 war Hans Kalb dann wieder dabei - fünfmal deutscher Meister in sieben Jahren! Abbildung entnommen aus Bausenwein u.a.: Die Legende vom Club Hans Kalb 1922 mit Gipsbein
1923, vor einem wichtigen Spiel gegen das damals von Kalbs Vorbild und Lehrmeister Alfred Schaffer dirigierte Wacker München, gelang es Kalb, zusammen mit Schaffer nach
Salzburg auszubüchsen. Dort hoben sie etliche Maß, und erst kurz vor Spielbeginn trafen beide wieder in München ein. Es zeigte sich, dass Schaffer nicht nur im Trinken, sondern
auch auf dem Rasen von seinem ehemaligen Schüler übertroffen wurde: Der Club siegte, dank eines überragenden Hans Kalb, mit 3:0. Im Januar 1924 spielte Kalb mit der deutschen Nationalmannschaft gegen Österreich.
Darüber berichtete die Vereinszeitung: “Kalb hatte einen schweren Stand, nicht so sehr gegen den lebendigen Gegner, als gegen den toten unter seinen Füßen. Wir hatten das
Gefühl, als wenn er einen Schikurs mitzumachen hätte. Sobald er eine Kurve zu beschreiben hatte, sauste er in den Schnee. Uns scheint, dass er hinsichtlich hoher
Klötzchen wieder einmal gesündigt hat. Es ist eine alte Regel: bei weichem Boden oder Schnee ganz hohe, bei hartem oder gefrorenem Boden gar keine.”
Im selben Jahr gehörte er auch zur Nürnberg-Fürther Nationalmannschaft, die - bestehend aus fünf Cluberern und sechs Kleeblättlern - wegen einiger vorangegangener
Skandal-Derbys zu einem Länderspiel nach Holland nur in getrennten Waggons ein und desselben Zuges anzureisen bereit war. Das entscheidende Tor zum 1:0 erzielte der Fürther
Auer. Während die Fürther jubelten, drehten die Nürnberger dem Torschützen den Rücken zu. Nach dem Spiel fuhr man in getrennten Waggons wieder nach Hause.
In der Dezemberausgabe der Vereinszeitung von 1924 dichtete Hans Hofmann angesichts nachlassender Leistungen einiger Größen in der Mannschaft: O Riegels Karl sei auf der Hut und meide die Befeuchtung.
Die inn’re tut dem Sport nicht gut, sie dient nur zur Erleuchtung. Auch dir, Hans Kalb, Du weißt, Dir frommt ein schwerer Trunk nicht immer. Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
da singt dein Lob man nimmer. Im Juni 1925 berichtete die Vereinszeitung über das Endspiel um die 4. Meisterschaft des 1. fCN: “Kalb, der in der Nacht an Halluzinationen litt, verfiel ins Nachtwandeln und
machte sich frühmorgens um 4 Uhr aus dem Staube bzw. aus dem Hotel und kehrte nach einem ergiebigen Morgenspaziergang um 9 Uhr ins Hotel zurück. Dessenungeachtet spielte er nachmittags mit großer Ausdauer.”
Im Juli desselben Jahres lieferte Kalb wieder einmal einen Beleg für sein sprichwörtliches Sitzfleisch, wenn es ums Feiern ging. Nach einem Spiel des frischgebackenen deutschen
Meisters in Hersbruck wurde in einer Hersbrucker Wirtschaft ausgiebig gefeiert. Die Vereinszeitung berichtete: “Offenbar war allerhand mit uns geplant, denn wir sollten
unbedingt bis in die Nacht hinein in der gastlichen Stätte verweilen. Doch unsere Spieler packte anscheinend das Reisefieber und sie benützten einen etwas früheren Zug zur
Heimfahrt. Merkwürdigerweise sah ich am Bahnhof in Hersbruck unseren lieben Hans Kalb nicht.” Im November 1925 berichtete Hans Hofmann in der Vereinszeitung eine vergnügliche
Begebenheit aus einem Spiel gegen den VfR Fürth: “’Darf ich die Herren einladen, sich gefälligst um den Ball zu bemühen’, sprach Kalb mit schmelzendem Wohllaut in der Stimme
bei einem Einwurf auf unserer Seite. ‘Halt dei Schlappern, sonst werst nausgstellt’, tönte es von links. ‘I wenn dä Schiedsrichtä wär, der flöigert scho längst naus, wall er alawall sei
Waffl aufreißt! Wos er ner immer mit’n Schiedsrichter hot?’” Im April 1926 berichtete die “Kasseler Post” nach einem Gastspiel des 1. FCN beim SK
Kassel 03: “Kalb als Mittelläufer ist trotz seiner Schwergewichtsfigur ein Meister seines Faches. Seine Unterstützung des Angriffes ist vorbildlich, haargenau legt er seinen Vorderleuten die Bälle vor.”
Im Mai desselben Jahres schrieb die Vereinszeitung: “Die heurige Spielsaison hat erwiesen, dass unser Mittelläufer sich zum Schwergewicht ‘auswuchs’, was sein Laufvermögen und
seine Ausdauer beeinflusst. Der Spielausschuss entschloss sich zum Austausch Kalbs gegen Wieder.” Kalb spielte also eine Zeitlang Mittelstürmer! In einem der nächsten
Spielberichte hieß es: “Kalb bringt tatsächlich einen frischen Zug in Angriff.” Ein Derby des Jahres 1926 gegen die SpVgg Fürth, das wieder einmal in eine fürchterliche
Holzerei ausartete, und bei dem der Schiedsrichter Angelo Rossi - ein ausgewiesener Clubfan - deutlich zugunsten der Nürnberger pfiff, brachte außer Kalb und dem
“Unparteiischen” auch dem Fürther Kleinlein ein zweimonatiges Spielverbot ein. Genauere Informationen dazu lieferte die Vereinszeitung im November des Jahres: “Das
Verbandsgericht hat die Spieler Kalb und Kleinlein wegen Tätlichkeit gegen den Gegner in dem Spiel Spielvereinigung Fürth gegen 1. Fußballklub Nürnberg mit 2 Monaten
Disqualifikation bestraft. Es ist zuzugeben, dass in dem fraglichen Spiel, das ein Freundschaftsspiel sein sollte, über Gebühr hart gespielt wurde. Der bisher sehr bewährte
Schiedsrichter Rossi aus Stuttgart sah sich jedoch nicht veranlasst, einen Spieler des Feldes zu verweisen. Man kann allerdings nicht verkennen, dass er durch allzu mildes Eingreifen
die Härte des Spieles erst heraufbeschworen hat. Man kann aber nicht behaupten, die Spieler Kalb und Kleinlein hätten sich darin mehr hervorgetan als andere Spieler. Der
Spielausschuss des Süddeutschen Fußballverbands schrieb bei der vorläufigen Sperrung des Schiedsrichters von offensichtlichsten Tätlichkeitsvergehen und meinte damit die
verschiedensten Spieler und etwa ein Dutzend Fälle. Abgesehen davon, dass man doch nicht annehmen kann, ein so gewiegter Spielleiter könnte ein Dutzend Tätlichkeiten
übersehen oder übergehen, ist es vom sportlichen Standpunkt aus eine Unmöglichkeit, aus der Zahl der Spieler, die sich vergangen haben, willkürlich zwei herauszugreifen und diese
zu bestrafen. In der gesamten bisherigen Rechtspflege ist noch nie ein Spieler wegen eines Vergehens auf dem Spielfeld disqualifiziert worden, wenn er nicht deshalb vom Platze
gestellt worden ist. Wenn in diesem Fall davon abgegangen wird, so sollte man denken, es müsste sich hier um ein außergewöhnlich schweres Vergehen eines Spielers gehandelt
haben, wie es bis jetzt noch nie vorgekommen ist. Wie steht es nun damit? Die ganze Anklage gegen Kalb stützt sich auf eine Bemerkung, die der Schiedsrichter mehrere Tage
nach dem Spiel in einem Brief an die Bezirksbehörde Bayern gemacht hat, in einem Brief, dessen Zweck nur der war, die Behörden zu veranlassen, vor Beginn der Verbandsspiele
nochmals zu einwandfreiem Spiel zu ermahnen. Es ist ohne weiteres klar, dass der Schiedsrichter in einem solchen Brief nicht jedes Wort auf die Wagschale gelegt hat, weil
er gar nicht annehmen konnte, dass daraufhin ein Spieler bestraft werden würde. Dieser Schiedsrichter wird einerseits monatelang nicht mehr für fähig befunden, irgendein Spiel zu
leiten, aber auf der anderen Seite klammert man sich an ein Wörtchen in einem seiner Briefe und knüpft daran ein Strafverfahren. Was aber ist nun die verfängliche Stelle in
diesem Schreiben? Er schreibt: ‘Obwohl ich sofort eingegriffen habe, hat Kalb vom 1. F.C.N. sowie Kleinlein von der SpVgg Fürth versucht, nachzuschlagen. Der Nachschlag
ging beide Male in die Luft.’ Es ist schlechterdings unverständlich, wie man aus dem obigen Schiedsrichtersatz eine Tätlichkeit konstatieren will. Der Spieler Kalb soll vesucht haben,
nachzuschlagen; also er soll nicht nachgeschlagen haben, sondern nur den Versuch dazu gemacht haben. Der Nachschlag ging in die Luft. Unsere oberste Spruchbehörde, das
Verbandsgericht, verlangt zum Tatbestand des Nachschlagens, um es als Tätlichkeit anzusprechen, dass ein Spieler, gewissermaßen aus Revanchegedanken heraus, dem
Gegner nach Beendigung des Kampfes um den Ball einige Schritte nachläuft und diesem dann von hinten einen Tritt versetzt. Dass dies nicht der Fall war, schreibt ja der
Schiedsrichter selbst. Wegen Nachschlagens wurde durch Kalb weder ein Strafstoß noch eine Verwarnung verursacht. Zum Tatbestand des rohen Spiels verlangt der
Bundesschiedsrichterausschuss ‘regelwidriges Spiel, in der Absicht ausgeführt, der Gesundheit des Gegners Schaden zuzufügen’. Dass Kalb dies nicht begangen hat, dürfte
wohl feststehen. Nach allgemeiner sportlicher Auffassung käme also allenfalls regelwidriges Spiel in Frage. Es sind allerdings so viele Milderungsgründe vorhanden, dass man es kaum
verständlich finden kann, ihn trotzdem zu bestrafen.” Ebenfalls im November 1926 schrieb die Vereinszeitung nach einem Länderspiel in
Amsterdam: “Die von der Parteien Hass und Gunst meist umstrittene Persönlichkeit bildete unser Mittelläufer Kalb. Es ist wahr, wer Kalb zum erstenmal spielen sieht, kann nicht
unbedingt zur Überzeugung gelangen, dass er es mit einem vollendeten Spieler zu tun hat, zu tief verbergen sich dem harmlosen Kritiker die immensen Fähigkeiten dieses Sportsmanns, wir aber kennen sie.”
Im Mai 1927 berichtete die Vereinszeitung nach dem legendären Spiel gegen den FC Burnley wieder einmal von den negativen Folgen, die Kalbs Streitlust mitunter haben
konnte: “Das erste Tor der Engländer ist auf das Konto einer gelockerten Verteidigung zu setzen, die wieder Folge einer Auseinandersetzung unseres Mittelläufers mit dem
Schiedsrichter in der englischen Spielhälfte war. Jedenfalls nützte der englische Linksaußen die Gunst des Augenblicks weidlich aus.” Als der Club im selben Jahr zum Endspiel um den süddeutschen Verbandspokal beim
Karlsruher FV antritt, fuhr Kalb nicht mit dem Zug, sondern leistete sich mit Heiner Stuhlfauth und dem 2. Vorstand, Dr. Pelzner, ein Flugzeug. Plötzlich zog ein schweres
Gewitter auf. Der Pilot wollte ihm ausweichen, verlor aber die Orientierung und steuerte die Maschine in die dicksten Wolken. Sie begann zu tanzen und wurde von schweren Böen
geschüttelt. Während Kalb und Stuhlfauth die Lage gelassen hinnehmen, hat Dr. Pelzner nach Verbrauch sämtlicher verfügbarer Tüten mit seinem Leben abgeschlossen. Eine
Stunde lang irrt die Maschine in den Wolken herum, bis sich endlich rettendes Land zeigt. Pünktlich zu Spielbeginn braust das Flugzeug mit donnerndem Motor über den Platz,
während zu den fliegenden Nürnbergern ein tosender Jubel emporsteigt. Nach der Landung fahren Kalb und Stuhlfauth zum Sportplatz, ziehen sich in rasender Eile um,
rennen aufs Feld und beziehen ihre Posten. Mit wackligen Knien kommen sie und der Rest des Teams nicht über ein 0:0 hinaus. Da Dr. Pelzner lieber zu Fuß nach Nürnberg
marschieren würde, als sich noch einmal in ein Flugzeug zu setzen, überreden Stuhlfauth und Kalb Bumbas Schmidt, mit ihnen zurückzufliegen. In 800 Metern Höhe gleitet die
Maschine unter einem wunderbaren Abendhimmel dahin. Als Stuhlfauth gerade sagt, dem Pelzner würde es leidtun, nicht mitgeflogen zu sein, fängt die Maschine zu spucken an. Sie
spuckt und spuckt, bis der Motor stillsteht. Unter ihr befindet sich ein großer, uferloser Wald. “Ein Glück, dass der Pelzner ned mit is”, sagt Stuhlfauth mit stoischer Ruhe, “den tät
vor Angst der Schlag treffen!” Bumbas verwünscht den Augenblick, in dem er sich zu diesem Wahnsinnsflug überreden ließ, und Hans Kalb stellt - während er dem Tod ins
Auge blickt - fest: “Mir müssen uns hald fest neistemmer!” Der Pilot aber jongliert die Maschine mit Ach und Krach über die Baumwipfel. Er streift sie zwar, doch schließlich
landet er nach Rasur einiger kleinerer Obstbäume wohlbehalten auf einem Kartoffelacker. “Wemmer an Balln dabei hättn, könntmer etz spilln”, konstatiert Stuhlfauth mit einem
Gefühl der Erleichterung. Da weit und breit kein Haus zu sehen ist, gehen sie eine halbe Stunde querfeldein, bis sie auf ein Dorf stoßen. Aber da es Sonntag ist, kann ihnen nicht
einmal der Bürgermeister helfen. Schließlich findet sich ein Autofahrer bereit, ihre Notlandung in Heilbronn am Neckar zu melden. Bald darauf trifft ein Wagen ein, der sie
mit sieben Stunden Verspätung nach Nürnberg bringt. Inzwischen wird am Flugplatz in Fürth schon der Himmel mit Leuchtkugeln und Raketen nach dem verschwundenen
Flugzeug abgesucht, bis sie endlich von Nürnberg aus ihre Ankunft melden. Das Schlusswort hat Heiner Stuhlfauth, der bemerkt: “Es is doch gut, dass der Pelzer ned mitgflogn is!”
Beim Länderspiel gegen Holland in Köln am 20. November 1927 ereignete sich der folgende amüsante Zwischenfall: Als Hans Kalb, der Schwerathlet unter den Mittelläufern,
bei einem Seiteneinwurf in allzu gemütlichem Tempo zur Einwurfstelle ging, rief ihm ein Zuschauer von der Tribüne zu: “Etwas schneller, Herr Kalb!” Daraufhin erwiderte Kalb,
sehr zum Vergnügen der Zuschauer: “Genger’s doch selber roo!” Hans Hofmann, der große alte Mann des 1. FCN, sagte über Kalb: “Zehn Jahre lang war
Hans Kalb der Schrecken aller Mittelstürmer ... und der Schiedsrichter!” Kalbs internationale Karriere endete im Olympiastadion von Amsterdam während des
olympischen Fußballturniers von 1928. Im Spiel gegen Uruguay pfiff der ägyptische Schiedsrichter Youssouf Mohamed eindeutig zugunsten der Südamerikaner, die mit allen
Tricks und überaus unfair spielten. Streckenweise gab es Ring- und Boxeinlagen. Der erste, dem in diesem Hexenkessel die Nerven durchgingen, war Hans Kalb. Er kritisierte
immer wieder auf Englisch die Entscheidungen des Ägypters. Der ermahnte ihn, doch Kalb war viel zu sehr in Fahrt, um sich noch zusammenzureißen. Schließlich wurde er wegen
einer Revanchetätlichkeit vom Platz gestellt und in ein kleines Arrestlokal im Stadion gesperrt, von wo aus er durch ein vergittertes Fenster das hektische Spiel weiterverfolgen
konnte. In der Pause suchten ihn seine Kameraden, die davon nichts wussten, vergebens wie eine Stecknadel im Heuhafen.Uruguay gewann 4:1. Als Stuhlfauth am nächsten
Morgen in seinem Hotelzimmer, das er zusammen mit Hans Kalb bewohnte, aufwachte, merkte er zu seiner Bestürzung, dass sein Zimmergenosse, der mit ihm schlafen gegangen
war, spurlos verschwunden ist. Er musste heimlich aufgestanden sein und das Weite gesucht haben. Doch wo mochte er stecken? Nach Hause konnte er nicht gefahren sein,
denn so früh ging noch kein Zug. Stuhlfauth alarmierte seine Kameraden, um einen Suchtrupp zusammenzustellen, doch Kalb blieb spurlos verschwunden. Drei Tage später
traf ihn Stuhlfauth zufällig in Köln und erfuhr des Rätsels Lösung: Ein Herr, den Kalb im Hotel kennengelernt hatte, hatte ihn in seinem Wagen mitgenommen. Er hatte einfach keine
Lust mehr gehabt, sich noch länger in Amsterdam aufzuhalten Aufgrund seines Verhaltens verbannte ihn der DFB auf Lebenszeit aus der Nationalmannschaft. Auch für Vereinsspiele wurde er mehrere Monate lang gesperrt.
Bei Hans Kalb, der lange Jahre mit seinem Motto “Lieber langsam und gescheit als schnell und dumm!” so viel Erfolg gehabt hatte, machte sich die mit zunehmendem Alter
abnehmende Kondition zunächst durch eine exzessive Zunahme des lautstarken Protestierens bemerkbar. Der bekannte Sportjournalist Hans Blickensdörfer konstatierte
anlässlich eines Spiels in Pforzheim 1930, Kalb könne sportlich noch brillieren, habe aber schon arg mit sich selber beziehungsweise seinem Körpergewicht zu kämpfen: “Viel
gelaufen ist der Kalb ja nicht, und man hat keine Brille gebraucht, um zu merken, warum. Unter dem verwaschenen weinroten Nürnberger Trikot ist nämlich ein ziemlich dicker
Bauch gesteckt, und man hat gemerkt, dass ihm ein Bier schon mehr schmecken möchte als Rennen. Aber man hat auch gesehen, dass er die Bälle viel besser und geschickter
verteilt als die anderen.” Kurz darauf, im Juni 1930, als Hertha BSC den Club im Halbfinale der deutschen Meisterschaft mit 6:3 deklassierte, versagte Kalb erstmals. Er
hatte mittlerweile einen halben Zentner Übergewicht. Seine Kräfte erlahmten von Minute zu Minute mehr, bis er nicht mehr fähig war, die Rolle des Verbinders zwischen Sturm und
Verteidigung auszufüllen. Der Kicker-Journalist Walter Bensemann kommentierte die Niederlage so: “Mit Kalb ist ein System gefallen, ja ich möchte sagen, die letzte Hoffnung
auf Jahre hinaus. Ich fürchte, dass den sieben fetten Jahren sieben magere folgen werden.” Kalbs Nachlassen hatte freilich nicht nur mit zu vielen Pfunden zu tun. Es machte auch
deutlich, dass sich eine ganze Fußballepoche ihrem Ende zuneigte. Die Zeit des Mittelläufers, der sich als sechster Stürmer ins Offensivspiel einschaltete, war vorbei. Statt
dessen kam das WM-System und mit ihm der Stopper, der als fünfter Verteidiger die Defensive verstärkte. Gegen die “Dressur”, die das neue System dem Einzelnen
abverlange, wetterte Kalb vehement: “Mit ihm richtet man die Individualisten - und jeder herausragende Sportler ist Individualist - wie Polizeihunde ab. Sport muss auch im
Verband einer Mannschaft Vergnügen und Lebenslust sein. Mit dem System des Mauerns aber diktiere ich dem Dreh- und Angelpunkt einer Mannschaft: Mauert um jeden Preis, auf
dass ihr ja nicht verliert! Bei Fußball muss man auf Sieg spielen. Nur im Wettstreit um den Sieg und ohne Kapitulationsangebot von vorneherein wird in einem fairen und ritterlichen
Gefecht der Bessere ermittelt. Als wahrer Sportler soll man auch verlieren können - nur blamieren darf man sich nicht! Das Mauern aber ist Blamage!”
Hans Pelzner schrieb im Juli 1930 in der Vereinszeitung: “Bei allem, was über Hans Kalb in den letzten Monaten zu recht oder unrecht gesprochen und geschrieben wurde, bleibt
unbestritten, dass er der taktische Führer und Dirigent auf dem Spielfeld war, so ausgesprochen und uneingeschränkt, wie wir es von der Klubmannschaft nie vorher
erlebten. Für jeden Laien schon war es klar, dass sie mit Kalb stehen und fallen musste. Wenn dieser Dirigent nicht mehr auf dem Plane ist, muss die Mannschaft soweit vorbereitet
und selbständig sein, dass sie ihn entbehren kann.” Im März 1931 berichtete Trainer Jenö Konrad in der Vereinszeitung von einem Spiel
gegen Phönix Karlsruhe: “Durch unglücklichen Zufall schlägt Weickmann Kalb k.o. Es hat sich herausgestellt, dass Kalbs Verletzung viel ernster ist, als wir angenommen haben. Er muss leider ein paar Wochen aussetzen.”
Als im August 1932 der “Stürmer” einen Hetzartikel gegen Nürnbergs jüdischen Trainer
Jenö Konrad veröffentlichte, der widerliche Beleidigungen und Hasstiraden enthielt (“Der
1. Fußballklub Nürnberg geht am Juden zugrunde! Ein Jude ist ja auch als wahrer Sportsmann nicht denkbar. Er ist nicht dazu gebaut mit seiner abnormen und missratenen
Gestalt. Klub! Besinn Dich und wache auf! Gib Deinem Trainer eine Fahrkarte nach Jerusalem! Werde wieder deutsch, dann wirst Du wieder gesund! Oder du gehst am Juden
zugrunde.”), packte dieser in der Nacht seine Koffer und verließ per Eisenbahn die Stadt. Hans Kalb, ein enger Freund der Familie Konrad, bat ihn, nicht auf “das Bellen dieses
Gesindels” zu hören - doch vergeblich. Zusammen mit der Vereinsführung und vielen Freunden verabschiedete er sich am Bahnhof von den Abreisenden.
Im Herbst 1932 legte der “ewige Student” Kalb sein Staatsexamen in Zahnmedizin mit hervorragender Note ab und eröffnete zusammen mit einem gewissen Dr. Edelmann eine eigene Praxis in der Tuchgasse 1 am Hauptmarkt.
In seinem Weihnachtsspiel des Jahres 1932 dichtete Dr. Pelzner: “Wer heit hout an hohln Zoh, göiht zu dem neia Doktersmoh. Hockt er in dem Lehnstuhl drin, hört er träumend in seim Sinn
dem Hanni seini Strafstöß klappern, und reißt er auf dann weit sei Schlappern, dann höirt er heit nu den Applaus und freit si - und der Zoh is raus!”.
1933 trat Kalb nach 14 Jahren aktiver Laufbahn in der ersten Mannschaft des 1. FCN von der Fußballbühne ab und widmete sich voll und ganz seinem Beruf als Zahnarzt.
Nebenbei absolvierte er eine - wenn auch nur kurze - Laufbahn als Schiedsrichter und pfiff sogar Spiele, die den lokalen Rahmen durchaus sprengten. Mehrere Jahre gehörte er dem Aufsichtsrat des 1. FCN an.
1935 war Kalb als Schlachtenbummler unterwegs zu einem Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft in England. In seiner Begleitung befand sich Carl Riegel. Bei der
Kanalüberquerung herrschte dermaßen schlechtes Wetter, dass die Plätze an der Reling kaum ausreichten. Auch Riegel und Kalb standen dort. Riegel konnte das kollektive Speien
nicht mehr mit ansehen und schloss angewidert die Augen. Da lieferte Hans Kalb wieder einmal ein prächtiges Beispiel seines trockenen Humors: “Dou braugsd die Aung ned zoumachn, des hörsd doch am Bläddschern!”
1936 betreute er als Trainer die Mannschaft des Club, die das Endspiel um die Meisterschaft gegen Fortuna Düsseldorf mit 2:1 gewann.
1939, nach Beendigung seiner aktiven Karriere, trat er der Tennisabteilung des 1. FCN bei und erreichte mit der ersten Mannschaft viele große Siege. Abbildung entnommen aus 75 Jahre 1. FC Nürnberg Hans Kalb und Carl Riegel als Mitglieder der FCN-Tennismannschaft
Die Club-Jubiläumsschrift von 1950 schreibt über ihn: “Wer diesen Zauberer noch auf dem grünen Rasen wirken sah, der weiß jedenfalls nicht, was er mehr rühmen soll: das traumhaft
sichere Stellungsspiel, die vollendete Ballbehandlung, in der dieser Hüne das Leder geradezu liebkoste, die Kunst seiner Direktion, seine butterweichen, zentimetergenauen
Vorlagen, sie abgezirkelten tödlichen Schüsse oder die naturhafte Kraft, die von ihm ausging.” Dem Doktor der Zahnmedizin waren nur 46 Lebensjahre vergönnt. Kurz vor Kriegsschluss
starb Dr. Hans Kalb an einer Blutvergiftung infolge einer Infektion, die er sich in seiner Praxis in Nürnberg zugezogen hatte. Eine Penizillinspritze hätte ihn vielleicht retten können,
doch im April 1945 verfügten die deutschen Ärzte noch nicht über dieses Medikament. Heute ist eine Straße in der Nähe des Frankenstadions nach Hans Kalb benannt. Diese
Ehre teilt er sich nur noch mit zwei anderen großen Cluberern: Heiner Stuhlfauth und Maxl Morlock. Abbildung entnommen aus 75 Jahre 1. FC Nürnberg Einweihung der Hans-Kalb-Straße am 23. Januar 1975.
V.l.n.r.: Hans Kalbs Schwester Henny, Heiner Träg, Max Eiberger, Anton Seitner, Emil Köpplinger, Kalbs Witwe Anni, Karl Gußner, Hans Eichhorn, Georg Friedel, Oberbürgermeister Urschlechter, Karl Port und Hans Düll
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