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“Es ist eine Ehre für diese Stadt, diesen Verein
und die Bewohner Nürnbergs zu spielen.
Möge all dies immer bewahrt werden
und der großartige FC Nürnberg niemals untergehen.”
(Heiner Stuhlfauth)

Theo Haggenmiller

geboren am 12. November 1886;

Der spätere Facharzt Haggenmiller spielte von 1903 bis 1914 für den 1. FCN und bestritt in dieser Zeit 155 Spiele.

Von ihm ist folgende Anekdote überliefert: Am 5. Mai 1906 schwänzte der Gymnasiast die letzte Schulstunde, um noch den Zug zu erreichen, der ihn und die Mannschaft des Club nach Prag bringen sollte, wo man im ersten Auslandsspiel des Vereins am nächsten Tag gegen die dortige Slavia antrat. Der 1. FCN kam mit 2:12 gewaltig unter die Räder. Nur die gute Vorstellung des Rechtsaußen Haggenmiller war der Presse dabei eine Erwähnung wert. Und das wäre dem Schulschwänzer nach seiner Rückkehr beinahe zum Verhängnis geworden.

Der Vereinschronist Hans Hofmann schilderte die Ergeignisse folgendermaßen: “Am Montagmorgen saß unser Gymnasiast wieder, als ob nichts geschehen wäre, in seiner Bankreihe. Der Rektor des Gymnasiums las anderntags in den Leipziger Neuesten Nachrichten, worin von einem Nürnberger Rechtsaußen Haggenmiller die Rede war. Der Rektor fragte den Klassenlehrer, und da stellte sich heraus, dass Haggenmiller wegen Unwohlseins am Samstag vorzeitig den Unterricht verlassen hatte. Am nächsten Tag Zitierung vor den Gewaltigen. Der Delinquent sah sofort ein, dass ihn nur ein freimütiges Bekenntnis zu retten vermochte, gestand alles, aber auch, dass er sich in Gesellschaft gleichgesinnter, honetter Leute befunden habe, die mit ihm die hunderttürmige Stadt an der Moldau mit ihren Brücken und historischen Denkmälern bewundert hätten, und er ließ nicht ab, die empfangenen Eindrücke in langer Rede zu schildern. Da fasste den alten Herrn ein menschliches Rühren, und trotz des Einspruches der hohen Geistlichkeit wegen der versäumten Messe entließ er den bußfertigen Sünder in Gnaden mit der besonderen Erlaubnis, an allen Fahrten des Clubs teilnehmen zu dürfen, sofern er seinem Klassenlehrer Mitteilung mache. Das war die erste und einzige Spielerlaubnis eines Gymnasiasten in Bayern.”

Ebenfalls 1906 stand Haggenmiller, der auch ein ausgezeichneter Leichtathlet war,  im Mittelpunkt eines Ereignisses, an das sich Hans Hofmann Jahre später in der Vereinszeitung erinnerte, als er nach dessen Tod seine Erinnerungen an seinen alten Sportgefährten Willi Müller niederschrieb: “In dem denkwürdigen Spiel gegen die Berliner Britannia gab es bei den Preußen verwunderte Gesichter wegen der Schießkunst der Nürnberger. Zu den 7 von uns erzielten Toren zählte auch ein auf sonderbare Weise verwandelter Elfmeterball, den einer der Berliner Verteidiger wegen allzu scharfen Angehens unseres Rechtsaußen Haggenmiller verwirkte. Zuerst wollte keiner von uns den Elfer treten. ‘Hagges’ war sonst der sichere Elfmeterschütze, aber er humpelte elend auf dem Platz herum. ‘Haggenmiller, treten Sie an den Ball’, kommandierte Müller und da gab’s keine Widerrede. Zum besseren Verständnis muss noch erwähnt werden, dass damals die Torwächter noch 5 Meter von der Torlinie entfernt im Felde stehen durften und der Berliner Torwart wollte sich diesen Vorteil nicht entgehen lassen, er stand also außen. Haggenmiller trat also heran, nahm einen gehörigen Anlauf, stolperte entsetzlich und traf deswegen den Ball so miserabel, dass dieser mit einem erheblichen Effet den Weg an dem Torpfosten vorbei ins Aus zu nehmen drohte. Vor demselben besann er sich eines Besseren und schwenkte plötzlich zu aller Erstaunen nach innen und in gemächlichem Tempo in die Torecke. Jeder auf der Torlinie stationierte Torwächter hätte den Ball mühelos in Empfang genommen. Aber der Berliner stand eben außen und war auf die im Innern der Kuhhaut schlummernden Kräfte absolut unvorbereitet. Sprachlos starrten die Preußen das Wunder an, nur der Kapitän Faber gab seiner Verwunderung über die ‘Kiste’ beredten Ausdruck. Aber da trat unser Müller vor ihn hin. ‘Wat Kiste’, herrschte er ihn an, ‘so machen wir se alle!’ Sprach’s, drehte sich um und ließ den verdutzten Berliner stehen.”

Nach Beendigung seiner aktiven Karriere und abgeschlossenem Medizinstudium fungierte der Herzchirurg Haggenmiller, der übrigens in Erlangen studiert hatte und am Hauptmarkt 6 wohnte, wo er auch im 2. Stock seine Praxis unterhielt, beim Club als Mannschaftsarzt. Außerdem hielt er jeden Donnerstag von 5 bis 6 Uhr eine besondere unentgeltliche Sprechstunde für Mitglieder des 1. FCN ab, die der sportärztlichen Beratung bedurften.

In dieser Funktion begleitete er die Mannschaft auch 1922 nach Spanien. Einer der Gegner auf dieser Reise war Atletico Bilbao, zweiter der spanischen Meisterschaft. Die Spanier griffen zu allen erdenklichen Mitteln, um den Club zu besiegen. Unter anderem engagierten sie einen Schiedsrichter aus Bilbao. Als Stuhlfauth den Ball aufnahm, verhängte der “Unparteiische” gegen ihn einen Elfmeter, weil er den Ball zu lang in der Hand gehalten habe. Da Stuhlfauth den Strafstoß hielt, ließ ihn der Schiedsrichter wiederholen, weil ein Spanier zu früh in den Strafraum gelaufen sei. In dieser Art ging es weiter. Zwei einwandfreie Tore der Nürnberger wurden annuliert. Trotzdem gewann der Club mit 3:2. Beim Rückspiel am nächsten Tag war das Publikum noch fanatischer als bei der ersten Begegnung. Auf Protest der Nürnberger hatte diesmal Dr. Haggenmiller das Amt des Schiedsrichters übernehmen dürfen. Er versuchte das Spiel zu unparteiisch wie möglich zu leiten, aber er kämpfte vergeblich gegen das tobende Publikum. Schon wurden die ersten Steine auf ihn geworfen. Um nicht gelyncht zu werden, musste er den Platz unter Polizeibedeckung fluchtartig verlassen. Hans Hofmann berichtete darüber in der Vereinszeitung: “Das Spiel war aus, draußen raste die Menge und wollte ihr Opfer haben und dieses Opfer war unser Doktor. Aber unter der Eskorte von Spielern und Gendarmen vollzog sich der Abmarsch doch in Ordnung. Einige Hitzköpfe unter den Spaniern verprügelten sich noch gegenseitig.”

Auf dieser Reise wurden Haggenmiller und den Clubberern zum ersten Mal in ihrem Leben Oliven angeboten. Hans Hofmann, der mit von der Partie war, berichtete davon: “Den Oliven konnten wir absolut keinen Geschmack abgewinnen, auch äußerlich waren sie uns unbekannt. Der eine hielt sie für Essiggurken, unser gelehrter Doktor aber für Mispeln!”

Im Januar 1928 wurde Haggenmiller mit dem silbernen Ehrenzeichen des 1. FCN geehrt. Lange Jahre gehörte er auch dem Ältestenrat an.

1952 kandidierte er erfolgreich auf der Liste des Parteilosen Blocks für den Nürnberger Stadtrat.