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“Es ist eine Ehre für diese Stadt, diesen Verein
und die Bewohner Nürnbergs zu spielen.
Möge all dies immer bewahrt werden
und der großartige FC Nürnberg niemals untergehen.”
(Heiner Stuhlfauth)

Jörn Andersen

geboren am 3.2.1963;

Andersen absolvierte von 1985 bis 1988 78 Erstligaspiele für den Club, in denen ihm 28 Treffer gelangen. Für Norwegen bestritt er 27 Länderspiele.

Seine Laufbahn begann 1975 in der Jugend von Östsiden. In dieser Zeit besuchte er ein Sportgymnasium. 1982 wechselte er zu Frederikstad, wo er 1984 norwegischer Meister wurde. Parallel dazu absolvierte er seinen Militärdienst. Sein Urteil: “Wer am Polarkreis im Winter Dienst schiebt, will in den Süden.” Schließlich ging er zu Valerengen Oslo.

Seine Karriere war eine Achterbahn aus Höhen und Tiefen, die sich in atemberaubender Geschwindigkeit abwechselten. Das einzig beständige war die Unbeständigkeit.

Der norwegische Nationalspieler wurde im November 1985 in einer Blitzaktion als „Brecher“ geholt, um die im Clubteam grassierende Abschlussschwäche zu lindern. Schon damals gehörte er zu den besten Torjägern Europas.

Abbildung entnommen aus Haala: Der Club

Er war ein kopfballstarker Stürmer, dessen Aktionen immer ein wenig schwerfällig und hölzern wirkten. Ein Techniker war er wahrlich nicht, eher ein Strafraumwühler, der die Bälle – einerlei wie sie kamen – über die Linie stocherte. Wenn er nicht traf, tendierte sein Wert für die Mannschaft gegen null. Ein Spiel alleine aus dem Feuer zu reißen, war seine Sache nicht. Über sich selbst sagte er: „Ich bin kein Individualist, ich muss eingesetzt werden.“ Andersens sportliches Vorbild war der ehemalige Kaiserslauterer Stürmer Torbjörn Nilsson. Dass das Toreschießen in der Bundesliga schwerer sein würde als in Norwegen, wusste er von vornherein, doch mit beispielhaftem Einsatz, Trainingsfleiß und Engagement im Spiel avancierte er schnell zum besten Torschützen des Club – und dies, obwohl ihm im taktischen Konzept von Heinz Höher die schwierige Aufgabe zufiel, im Sturmzentrum den „Prellbock“ zu spielen, zwei Gegner zu binden und Lücken für die Mittelfeldspieler zu schaffen. Diese Doppelfunktion als „Brecher“ und Vollstrecker war dem Blondschopf, der die deutsche Sprache im Blitztempo erlernte, geradezu auf den Leib geschrieben. Schnell verstummten die Kritiker, die ihm unmittelbar nach seinem Wechsel in die Noris schon mangelnde Torjägerqualitäten anlasten wollten. Sie hatten ganz einfach übersehen, dass er, zusätzlich zur ohnehin nicht leichten Umstellung vom norwegischen Amateur zum Bundesligaprofi, praktisch ohne jede Pause in Nürnberg begann, da die Saison in Norwegen genau im November geendet hatte.

Abbildung entnommen aus Club-Revue 5/86
Packender Luftkampf zwischen Jörn Andersen und Toni Schumacher
im Spiel gegen den 1. FC Köln in der Saison 1985/86, das 3:0 endete.

Nach der Saison 1987/88 ließ der Club den erfolgreichen Mittelstürmer freiwillig ziehen, um einen Ausländerplatz für den Senegalesen Souleymane Sane freizuschaufeln. Der Verzicht auf ihn wirkte sich in der nächsten Saison überaus negativ aus, denn der FCN hatte plötzlich keinen kopfballstarken Angreifer mehr.

Von 1988 bis 1990 spielte Andersen für Eintracht Frankfurt. Bei seinem Wechsel dorthin zog ihn Präsident Schmelzer böse über den Tisch: Er sollte zur Hälfte an der Ablösesumme beteiligt sein, wenn sie eine halbe Million Mark überstieg. Um Andersens Forderungen zu umgehen, verlangte und erhielt Schmelzer 500 000 Mark von Frankfurt und die Zusage der Hessen, im Frankenstadion für 180 000 Mark Bandenwerbung zu schalten. Andersen schaute in die Röhre.

1989 wurde Andersen der erste nicht-deutsche Torschützenkönig der Bundesliga.

1990 stand sein Wechsel zum FC Genua bevor. Alles war unter Dach und Fach, der Vertrag lag unterschriftsreif vor, nur der Verein wollte noch den Verlauf der Weltmeisterschaft in Italien abwarten. Mit diesem Wechsel hätte er für den Rest seines Lebens ausgesorgt gehabt, weil er an die Zukunft gedacht und sich für später die günstigsten Voraussetzungen geschaffen hatte: Bestandteil seines Vertrages bei Frankfurt war nämlich ein Passus, wonach er die Hälfte des Betrages kassierte, der die Transfersumme von 900 000 Mark überstieg. 3,4 Millionen wollte Genua zahlen, zusätzlich wären weitere 1,2 Millionen an Handgeld auf sein Konto geflossen. Doch bei der WM schoss ein gewisser Tomas Shukravy aus Prag plötzlich Tor um Tor für das Team der damaligen CSFR – und den nahm Genua nun unter Vertrag und sagte dem bereits auf gepackten Koffern sitzenden Andersen mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns ab. Was ihm blieb, war die fußballerische Provinz bei Fortuna Düsseldorf. Dort kam er in 15 Monaten nie richtig in Tritt, traf als amtierender Torschützenkönig gerade 5mal ins Schwarze, wurde als Fehlgriff verspottet und hatte nie das Gefühl, den richtigen Schritt getan zu haben.

In der Saison 1992/93 kam er noch einmal nach Frankfurt zurück. Im ersten Spiel gegen Bayern München erzielte er prompt 2 Tore und wurde als Held gefeiert. Wochen später hielt Trainer Dragoslav Stepanovic den Mann nicht einmal mehr für gut genug für die Ersatzbank.

Schließlich spielte er beim Hamburger SV, wohin ihn die Eintracht in der Winterpause 1993/94 für 500 000 Mark verkauft hatte. Dort aber versauerte er auf der Tribüne. Nach einem trostlosen Jahr heuerte er beim SC Dynamo Dresden an.

Die jahre in Nürnberg, wo er seine spätere Frau kennenlernte, waren für ihn aus menschlicher Sicht die schönsten. Die sportlich erfolgreichste Zeit war die in Frankfurt. Nie mehr konnte er später an die Leistungen der Saison 1989/90 anknüpfen, auch später an der Seite von Anthony Yeboah nicht, und schon gar nicht in Hamburg. Blieben die Bälle auf ihn aus, blieb er draußen. Nie hat er dagegen aufgemuckt oder sich beschwert. Er wollte keinen Ärger, sondern nur aufgestellt werden. Sogar einbürgern ließ sich der einstige Sportstudent 1992, um seine immer geringer werdenden Einsatzchancen nicht noch durch die Ausländerregelung zusätzlich zu verschlechtern. Damit setzte er sogar seine Teilnahme mit dem norwegischen Team bei der WM 1994 aufs Spiel.

Am Ende seiner Karriere wechselte er zum FC Zürich, später beim FC Lugano. Schließlich schloss er sich als Spielertrainer dem FC Locarno an.

Als seine wichtigsten Trainer, von denen er am meisten gelernt habe, nannte er Heinz Höher und Enzo Trussero: “Höher hat in Nürnberg vorgemacht, wie man mit jungen Leuten arbeitet, und Trussero hat in der Schweiz ganz anderen Fußball vermittelt, als ich ihn je gekannt habe.” Bei dem früheren argentinischen Nationalspieler habe er vor allem gelernt, Fußball nicht mehr nur als Mannschaftsspiel zu begreifen, sondern als “Spiegelbild des Lebens. Verschiedene Mentalitäten so zu bündeln, dass sie zusammen ein kräftiges Bild ergeben, das ist ein Ziel, das man im Fußball erreichen kann.”

Trotz aller Rück- und Tiefschläge, sagt Andersen, „habe ich doch Glück gehabt“. Viele Spieler in Norwegen seien besser als er gewesen und hätten doch „nicht das erreicht, was ich erreicht habe, nämlich Profi zu werden“.

Nach seiner aktiven Karriere widmete sich Andersen dem Beruf des Fußballlehrers, den er zuerst beim FC Luzern ausübte. 2003 übernahm er als Nachfolger von Aleksandar Ristic Rot-Weiß Oberhausen. Sein Kommentar: “Es gibt 36 Trainerplätze im bezahlten Fußball, und einen davon habe ich. Gucken Sie mal, wie viele arbeitslose Trainer es gibt. Für mich ist das ein super Einstieg.”

Nachdem Andersen RWO in der folgenden Saison beinahe in die erste Liga geführt hatte - am Ende fehlte nur ein Punkt auf Platz drei - wurde er in der Saison 2004/05 nach dem zehnten Spieltag wegen anhaltender Erfolglosigkeit entlassen. Zum Saisonbeginn 2005/06 übernahm er den Job des Co-Trainers bei Borussia Mönchengladbach. Nach der Entlassung Horst Köppels betreute er die Mannschaft in den letzten Tagen der Saison als Interimstrainer. Bedingt durch die Verpflichtung von Jupp Heynckes als Trainer und Walter Junghans als Co-Trainer wurde sein Vertrag in der Sommerpause 2006 vorzeitig aufgelöst.
Zur Saison 2007/08 sollte er den griechischen Erstligisten Skoda Xanthi übernehmen. Nur einen Monat nach dem Vertragsabschluss und vier Wochen vor dem Trainingsbeginn trat er aber schon wieder von seinem neuen Posten zurück. Er nannte dafür “persönliche Gründe, die ihn dazu gezwungen” hätten, auf die er aber “nicht näher eingehen” wolle. Im November 2007 übernahm er die Offenbacher Kickers. Nach deren Abstieg aus der zweiten Liga übernahm er zur Saison 2008/09 den FSV Mainz 05.